Wenn man fünf Jahre lang eine Apple Watch am Handgelenk trägt, dann hat man einiges mitgemacht. Die Sprünge zwischen den Serien waren von Jahr zu Jahr groß. Auch wenn ein Always-On-Display im ersten Moment nicht als das große Feature zählt, bedeutet dies, dass die Apple Watch diese technische Eigenschaft nun auch in Zukunft immer aufweisen wird, ebenso wie die eigenständige Konnektivität zum Mobilfunk via LTE. Doch viel wichtiger ist das nicht Sichtbare an der Apple Watch – die Intelligenz im Geheimen. Unsichtbare Bewegungsmuster.
Diese Kolumne ist auch als Podcast verfügbar.
Das iPhone zum Vorbild.
Wenn man sich die Apple Watch in ihrer bisherigen fünfjährigen Laufzeit betrachtet, und zwar ganz genau betrachtet, dann fallen einem Parallelen zu den ersten Jahren des iPhone auf. Das iPhone begann langsam zu laufen, indem es technisch immer mehr Hürden meisterte und auch das Kabel zwischen sich und iTunes irgendwann durchtrennte. Die Apple Watch macht hier die gleiche Entwicklung durch. Heute braucht sie auch für Softwareupdates kein iPhone mehr in der Nähe, trennt sich von diesem bisherigen Prinzip einfach und setzt auf ihr eigenes Verständnis. Was die Series 0 zu Beginn noch nicht konnte, kann die Series 5 heute ganz ohne Gehhilfe. Das Kind hat sich mehr oder weniger von der Hand gerissen und läuft allein. Dabei macht es ganz eigene Erfahrungen, die ein Erwachsener nicht mehr wahrnimmt. iPhone bleibt iPhone und Apple Watch bleibt Apple Watch.
Wenn man sich die Apple Watch heute also genauer betrachtet, dann sieht man Dinge, die einem zuvor nicht aufgefallen sind. Eigentlich muss man hier aber hinter die Funktionen und die Funktionsweisen schauen. Dinge funktionieren ja nicht einfach so, aber gewisse Dinge an der Apple Watch funktionieren ein wenig magisch, wenn man es sich genau betrachtet und über den Tellerrand – oder in diesem Fall: über den Displayrand der Apple Watch – schaut.
Das Unscheinbare und Magische, was zugleich Funktionen im Alltag bietet, ist die verbaute Sensorik. Und in der Apple Watch steckt allerhand davon. Eigentlich nichts Erwähnenswertes, wenn da nicht der Blick in die Zukunft wäre. Es ist unsichtbare Sensorik, die immer mitläuft. Sie überwacht, analysiert, wägt ab und entscheidet. Es ist Sensorik, die uns eine Hilfestellung, aber auch einen Eigenschutz bietet. Doch wie und was passiert da eigentlich so genau und wozu könnte all dies noch führen?
Alle Achsen in Bewegung – unsichtbare Bewegungsmuster.
Diese wissen seit der Series 0 genau, in welcher Ausrichtung sich die Apple Watch befindet. Das fängt schon bei der Einrichtung der Uhr an, bei der wir uns als Links- oder Rechtshänder outen. Auch wie wir seitlich nach der Krone greifen ist hiervon abhängig. Anhand dieser Trage- und Bedienweise stellt die Uhr fest, wie sie am Handgelenk hängt. Sie entscheidet ab diesem Moment intelligent, ob sie durch eine Bewegung des linken oder rechten Armes angesprochen wird. Das Drehen des Armes in Richtung Blick aktiviert das Display der Uhr, das zuvor gedimmt oder aus war. Es ist also ein unsichtbares Bewegungsmuster, mit der die Apple Watch arbeitet und weiß, ob und wie wir die Uhr am Handgelenk tragen.
Das ist der Schritt Nummer eins und dieser beginnt beim Anlegen der Uhr und endet beim Ablegen des Zeitgebers. Wir sehen diese Dinge im Alltag nicht, weil sie selbstverständlich sind. Der Computer am Handgelenk analysiert und lernt hier aber für den Träger mit. Der Gyrosensor weiß aber noch viel mehr. Er weiß vor allem, ob wir uns gerade bewegen und wenn ja, wie schnell. Und sollte es ihm zu schnell gehen, fragt er noch den Pulsmesser um Rat. Dieser hilft ihm anhand der Pulsmessung zu sagen, ob der Puls erhöht ist. Durch diese zwei Sensorwerte weiß die Apple Watch, dass eine gesteigerte Bewegungsaktivität stattfindet. Und wenn der Puls noch höher steigt und die Bewegung schnell und konstant bleibt, wird sie auch fragen, ob man nicht gerade ein Workout absolviert und es vielleicht aufzeichnet. Wir werden erinnert, weil ein Bewegungsmuster erkannt wurde. Weiß man langsam, worauf ich hinaus will? Ja? Nein? Nun gut.
Rettung in Sicht.
Wenn wir uns bewegen, dann geben wir dabei einen ganz speziellen Impuls von uns. Der ist bei jedem etwas anders, aber die Apple Watch lernt ja unsichtbar und unbemerkt mit. So kann sie auch erahnen, wenn der Träger hingefallen ist. Dieser Ruck ist als Bewegung relativ einmalig und exakt daher kann die Uhr auch solch einen Vorfall erkennen und im Notfall helfen. Sie kann nachfragen, ob man hingefallen ist und ärztliche Hilfe benötigt. Im Ernstfall kann sie auch alleine Hilfe rufen und via LTE den Notdienst alarmieren – und dabei auch gleich noch die Positon via GPS übermitteln. Der unsichtbare Schutzengel, wenn man so will. Und nur aus einem Grund: Unsichtbare Bewegungsmuster.
„Halt doch mal still.“
Wenn wir schon den Gyrosensor und den Pulsmesser ansprechen, müssen wir auch über die EKG-Funktion sprechen. Ein EKG wird von der Apple Watch unbemerkt im Hintergrund durchgeführt, auf Wunsch aber auch manuell durch den Träger. Wenn alles okay ist, dann ist die Uhr auch still. Sollte sie hier eine Rhythmusstörung des Herzens beobachten, wird sie den Träger warnen und das recht aufdringlich. Dann sollte man ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen und sich untersuchen lassen. Aber bis es dazu kommt, wägt die Apple Watch exakt ab, ob der Puls, die aktuelle Bewegung und der Herzrhythmus in einem Zusammenhang stehen. Bei einem aktiven Workout wird daher kein EKG durchgeführt und auch eine manuelle Messung schlägt eher fehl. Klar, denn nur mit Ruhe und dem nötigen Ruhepuls ist solch eine Messung auch aussagefähig und unverfälscht.
„Hände waschen?“
COVID-19 ist derzeit eine unangenehme Gefahr. Aber wir kommen mit etwas Umsicht gut aus dieser Sache heraus. Auch das Händewaschen ist hier ein Effekt, der gegen den Virus ankämpft. Daher wird die Apple Watch unter watchOS 7 auch das Waschen der Hände vorschlagen. Sie weiß mit Hilfe von GPS, wann wir zu Hause ankommen und weiß auch, ob wir die Hände gewaschen haben oder nicht. Wie? Nun, mit Hilfe von unsichtbaren Bewegungsmustern und etwas Hintergrundrauschen. Wenn wir unsere Hände waschen, dann bewegen wir beide Hände unter dem Wasserhahn in einer Art und Weise, wie wir sie sonst nie bewegen. Exakt das erkennt die Apple Watch und sie nimmt in diesem Moment noch im Hintergrund das Rauschen des Wasserstrahls über das verbaute Mikrofon wahr. Daher kann sie ganz gut feststellen, dass wir uns gerade die Hände waschen. Und damit wir auch daran denken, schlägt sie uns das Händewaschen vor und lässt auch einen animierten Timer beim Waschen mitlaufen. Wirkt verspielt, hilft aber in Zeiten wie diesen und zeigt die Sensorstärke einer „Uhr“ auf. Ja, es sind unsichtbare Bewegungsmuster.
„Schläfst du schon?“
Eine bekannte Frage des Bettnachbarn. Entweder man antwortet mit Nein oder man antwortet gar nicht. Die Apple Watch beantwortet sich solche Fragen eigentlich von Beginn an schon selbst. Sie weiß, wann wir sitzen oder liegen. Zum einen, weil wir uns nicht bewegen und auch der Puls dauerhaft niedrig bleibt. Dadurch kann sie nach längeren Phasen auch vorschlagen, vielleicht mal aufzustehen. Gerade an langen Schreibtischtagen ein Muss. Legen wir uns zum Schlafen hin und tragen dabei die Apple Watch, dann bemerkt sie, dass wir zum einen ruhig liegen, aber auch, dass sich der Puls sehr minimiert. Mit diesen Sensorwerten kann sie feststellen, ob wir schlafen und wie tief wir schlafen. Tiefschlaf kann zum einen durch einen sehr tiefen Puls festgestellt werden, aber auch, dass man längere Zeit am Stück komplett still liegt und keine Bewegungen macht. Und auch der Helligkeitssensor hinter dem Display kann hier etwas mithelfen und abwägen, ob Tageslicht vorhanden ist oder nicht. Es sind also drei Sensoren, die entscheiden, ob und wie wir schlafen. Seit ein paar Jahren nutze ich diese Funktion schon (⇒LINK). Mit watchOS 7 kann die Uhr dies komplett von Haus aus. Schlaf ist wichtig und sollte ausreichend genommen werden. In der Nacht helfen unsichtbare Bewegungsmuster, um diesen im Blick zu behalten.
Treppensteigen, Tanzen, Rudern, Rollstuhlfahren und Co.
Alles, was wir tun, hat seinen Ablauf. Tun wir es längere Zeit am Stück, dann ist es ein kontinuierlicher Ablauf. Ab diesem Moment kann solch ein Ablauf analysiert und auch eingeordnet werden. Exakt dies ist die große Stärke der Apple Watch. Sie ist immer am Körper und damit wahrscheinlich das persönlichste Stück Hardware überhaupt. Und weil sie so nah an uns hängt, nimmt sie mehr von uns wahr als wir es selbst im Alltag tun. Sie denkt einfach mit – wie viele Schritte wir gelaufen sind, welche Entfernung wir an einem Tag zurückgelegt haben, wie unser Puls im Durchschnitt bei Aktivität und Ruhephasen war, ob und wie wir ein Workout absolviert haben, wie viele Treppenstufen wir uns angetan haben und auch, ob wir uns permanentem Lärm ausgesetzt haben. In dem kleinen Computer steckt gefühlt nicht viel, aber die Art, wie die Uhr damit umgeht, ist mehr als Magie – zumindest, wenn man einfach über den Displayrand der Apple Watch schaut.
Die Zukunft?!
Was mag sie wohl bringen, die Zukunft? Schwer zu erkennen und schwer zu sagen, wenn man nicht im Gesundheitswesen arbeitet und auch das technische Know-How aus diesem Bereich besitzt. Schwer zu sagen, wenn man kein Softwareentwickler ist. Noch schwerer zu sagen, wenn man kein Coach im Fitnessbereich ist. Und noch viel schwerer zu sagen, wenn man nicht all diese Bereiche kennt und das Wissen gebündelt mitbringt. Apple hat sich daher zur Aufgabe gemacht, exakt diese Gebiete gebündelt in ein Endprodukt zu gießen. Die Apple Watch wird in den nächsten zehn Jahren ein großes Gesundheitswissen aufweisen können – indem sie zeitgleich aber hinsichtlich ihrer Größe weiter schrumpfen wird. Sensorik wird immer kleiner werden und Funktionen einzelner Sensoren können sich quer verständigen und neue Funktionen erlauben – um hier nochmals das Erkennen des Händewaschens als Beispiel zu erwähnen. Ich glaube, dass die Apple Watch noch viel mehr von uns lernen wird. Sie wird noch viel mehr unser Bewegungsverhalten erkennen und daraus Schlüsse ziehen können. Diese werden dann entweder zu eigenständigen Feststellungen und Entscheidungen der Apple Watch führen oder uns Funktionen und Hilfeleistungen anbieten. Und all dies nur – genau – durch unsichtbare Bewegungsmuster.
Charme ist der unsichtbare Teil der Schönheit, ohne den niemand wirklich schön sein kann.
∼ Sophia Loren – Filmschauspielerin∼
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