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Ich beobachte das Internet seit dem Tod von Steve Jobs teils etwas kritisch. Argumentationslose Kommentare über den Apple-Konzern und seine Entscheidungen. Starke Kritik an Tim Cook und seiner Firmenleitung. Allgemein betrachtet wirken viele Kommentare und Äußerungen negativer als es der Wahrheit entspricht. Ein Wehklagen ist in der breiten Masse zu vernehmen: ,,Mit Steve Jobs hätte es sowas nicht gegeben …“.

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Steve Jobs und Tim Cook sind zwei Menschen, die nicht unterschiedlicher sein könnten.

Steve, der familiäre Visionär, und Tim, der sportliche BWL-Profi (⇒LINK). Beide von ihren eigenen Arten und Eigenarten getrieben und doch beide mit dem richtigen Verstand ausgestattet. Steve Jobs war ein Visionär, welcher punktgenau Strecken und Richtungen festlegen konnte. Dinge zu erdenken, sie auf eine Funktionsebene zu portieren und zu vermarkten – das war sein Ding. Viele Jahre später ist genau dieses Können der Erfolg der Historie und der Grund dafür, dass er mit Firmen große Deals aushandeln konnte. Steve setzte über Jahre hinweg kleine Bausteine an die richtigen Stellen, um später darauf aufbauen zu können. Der Mac ist seit 1984 zwar nicht der dominierte Computer auf dem Markt, aber ein sehr solides, durchdachtes und facettenreiches Anwendungskonzept von Software und Hardware und dadurch das Vorzeigemodell für Desktopcomputer und Notebooks. iOS war/ist der wichtige Baustein, um mobile Hardware- und Softwareschienen zu konstruieren und so eine mobile Funktionsebene zu schaffen.

Die iCloud …

… war/ist der nächste wichtige Baustein in der Transformation der Anwendungsgebiete. Steve wusste, wie man Dinge platziert, damit sie auf weite Distanz eigenständig rollen, weite Strecken zurücklegen und auf neue Etappen stoßen. Die Grundbausteine wurden von einem Mann festgelegt, der sich ausmalen konnte, wie etwas in nächsten Versionen verbessert werden kann oder komplett verändert wird. Ein iPhone, das damals als Mobiltelefon und Musikabspielgerät interessant war, ist heute kaum noch etwas von beidem. Es ist der letzte Punkt auf einer legendären Präsentationsfolie – ein Internetkommunikationsgerät. Der Beginn des App Stores in 2008 machte sehr klar, dass der Visionär dies auf längere Sicht kommen sah. Tim Cook bekam ein schweres Zepter in die Hand gelegt, als er den hohen Chef-Thron bestieg. Und je höher man sitzt, desto tiefer fällt man bekanntlich. Denn: „Mit Steve hätte es sowas nicht gegeben …“.

Tim leitet den Konzern definitiv anders als der Konzerngründer aus damaliger Zeit. Der BWL-Profi, der genau weiß, was in seiner Firma passiert, was schiefläuft und wie es zu richten ist. Der eher schweigt, als charismatisch explodiert. Der in Sitzungen seinen Energieriegel isst, zuhört und dann eine klare und ruhige Antwort vermittelt – auch ein „Nein“. Ein Firmenleiter, der feste Ziele setzt und hartnäckig an der planmäßigen Umsetzung/Vermarktung arbeitet. Tim Cook ist kein Visionär, hat aber dennoch eine klare Vorstellung von den Dingen. Er ist der planende Kopf hinter dem Konzept. Derjenige, der alles in die Wege leitet und einen reibungslosen Start plant. Der BWL-Typ, der Lieferketten kennt, sie bestens koordiniert und somit den Konzern just-in-time produzieren lassen kann. Tim wirkt im Allgemeinen cooler, lockerer, aber dennoch charismatisch sehr neutral.

Anders als ein Steve, …

… der Personal bei Fehlern anschrie, sie bis auf das Äußerste beschimpfte und dann hochkant vor die Türe warf. Jobs hatte ein Wesen, an dem man schnell aneckte. Man bekam direkt zu spüren, wer man ist und was von einem gehalten wurde. Tim hingegen zeigt sich weltoffen und sozial. Er packt die Dinge auf ruhige Art an und richtet sie mit Vorliebe auf eine soziale Schiene aus. Locker geht er durch Menschenmengen, schüttelt Hände und unterhält sich mit Passanten/Kunden/Fans – einem Steve ging sowas eher auf die Nerven. Er liebt den Konzern und die Leute, die dort arbeiten, und identifiziert sich mit dem Unternehmen und der Machart, wie Konzepte angegangen werden. Und dennoch ist ihm auch das Umfeld drumherum sehr wichtig. Organisationen für Christopher-Street-Day-Paraden und das Spenden von Unsummen an die AIDS-Hilfen zeigen ganz klar, dass er kein schreiender Tyrann, sondern ein sozialer Mensch mit Engagement ist. Ja – vielleicht hat Tim sein ganz eigenes „Think different“ in sich, was bisher niemand so wirklich sehen und verstehen mag.

Tim Cook verspricht schon längere Zeit – und mittlerweile sind es 2 Jahre – die neuen Produktkategorien sowie neue, nichtbekannte Produkte. Und wenn er ankündigt, dann muss er auch liefern, oder? Muss er, wird er und hat er. Aber anders, als man es kennt. Keine wiederholte Zeremonie aus alten Tagen – auch wenn er ein „One more Thing …“ kopierte. Zu erkennen ist dieser Umschwung unter Tim recht deutlich, denn ohne ihn gäbe es mit Sicherheit derzeit bekannte Dinge nicht. Bestes Beispiel ist das iPad mini, welches Jobs als abstoßend empfand und in den Keller verbannte. Cook entschied sich dennoch dafür und lag mehr als richtig – das iPad mini ist ein vollwertiges iPad. Der Designumschwung der Apple-Betriebssysteme – zuerst iOS im komplett neuen Designgewand und nun OS X im ähnlichen Designstil. Hinfort mit angestaubten Skeuomorphismus und uralten Denkweisen, die mit dem Motto „Das haben wir bisher immer so gemacht“ am Leben gehalten wurden.

Ein frischer Wind …

… in so manchem alteingesessenen Applehirn. Tim entscheidet definitiv anders. Er koppelt gerne alte Standards ab und lässt Konzepte von Köpfen neu erdenken und umdenken. Derzeit macht Tim alles richtig, was man richtig machen kann und dies in kleinen, behutsamen Schritten und auf einem festen, soliden Untergrund. Mit Sicherheit wird auch Tim noch Dinge ins Leben rufen, die das Entsetzen und den Aufstand der Menschen auf sich ziehen und somit wieder Personenvergleiche mit sich bringen. Doch nicht alles, was Steve anpackte, war betucht und beliebt. Viele Flops stammten aus seiner eigenen Feder und verschwanden relativ schnell aus dem Inhaltsverzeichnis des Produktkatalogs. Ein Motorola Rokr mit iTunes-Anbindung (welches der schlimme Vorreiter des iPhones war), eine runde Puck-Mouse (welche auf Grund ihrer Form kaum bedienbar war), ein Macintosh Portable (der aufgrund des Blei-Säure-Akkus ganze 7,5 kg wog) oder ein angepriesenes Ping-Netzwerk (welches relativ schnell den Social-Media-Tod starb) nur als kleine Beispiele dazu.

Achja – und es gab ja auch noch die iPod-Socken …

Zwar stammt der erste Bleistiftstrich scheinbar noch aus der Feder von Steve, doch Tim musste mit dem Team das Bild zu Ende malen. Cook selbst gab dem Konzept die nötige Zeit, um sich als Kategorie richtig platzieren zu können und somit die richtige Rolle einzunehmen. Er setzt damit einen neuen Baustein in das bekannte Konstrukt ein und baut damit eine Etage für eine neue Funktionsebene auf. Die Apple Watch ist in diesem Jahr das interessanteste Thema bei Apple. Eine Armbanduhr, die das Potential mitbringt, in Jahren nicht mehr als Uhr angesehen zu werden. Der neue Konzernchef weiß das und gibt sich auch dementsprechend, denn große Dinge lernen mit kleinen Schritten das Laufen – oder wer sieht sein iPhone heute noch als Mobiltelefon und Musikabspielgerät?!

Steve Jobs war einer der Menschen, …

… die viel zu früh gegangen sind. Sein Tod ist bis heute noch eine traurige Sache und für viele immer noch unbegreiflich und ein großer Verlust. Ein Visionär verschwindet und mit ihm sein Verständnis für das eine „Ja“ unter tausenden „Nein“. Hätte Steve, sofern er noch unter uns wäre, alles so getan, wie es Tim Cook nun vollzieht? Wir werden es nie herausfinden. Aber wir wissen eins – Steve hat mit seinen Visionen einen Konzern erschaffen, der anders denkt und der ein „Think different“ zu dem macht, was es aussagt. Der Meister hinterließ sein Meisterwerk, sein Kabinettstück, seine Sinfonie einer Technikkultur. Ein Konzern, der seine DNA trägt, seine Denkweise lebt und diese fortan tragen wird.

Cook hält die Konzernfäden ruhig in den Händen und spielt die Figur sicher und bedacht durch ihr Bühnenstück. Ihn interessieren Spielregeln aus alten Zeiten teils nicht, sondern er übt sich an neuen Partien. Damit sind es zwei Bühnenstücke, die aufgeführt werden, und nicht eins, das von jemand Neuem weitergespielt wird. Zwei absolut unterschiedliche Menschen miteinander zu vergleichen und deren Entscheidungen, Meinungen und Denkweisen auf einen Nenner bringen zu wollen, ist absolut unnötig und unobjektiv. Doch es gibt sie immer – die Vergleiche zwischen Äpfel und Birnen. Zwischen Gut und Schlecht, Altbekanntem und Neuem. Zwischen Jobs und Cook. Der Posten des Apple-CEO ist bestens aus den eigenen Reihen besetzt worden. Tim Cook ist absolut kein Steve Jobs, aber, was ein Glück, auch kein geldgieriger Pepsi-Verkäufer.

Zwei meiner Mantras waren schon immer Fokus und Einfachheit. Einfach kann schwieriger als komplex sein. Ihr müsst hart arbeiten und klare Gedanken haben, um Dinge einfach gestalten zu können.

∼ Steve Jobs ∼


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