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iTunes ist wahrhaftig ein Dinosaurier, wenn es um Software geht. Nicht nur, dass es vor dem iPod da war, es hat auch bis heute allerhand miterlebt und wurde stetig erweitert. Was mit Musik in iTunes begann, wurde nach und nach mit anderen Medien erweitert. Somit wurde iTunes zu einem tonnenschweren Konstrukt modelliert. iTunes muss weg. Dringend!

iTunes-der-Softwaredinosaurier-Artikelbild.png iTunes - der Softwaredinosaurier

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Podcast_Badge_Transparent iTunes - der Softwaredinosaurier

SoundJam MP. Schon einmal gehört? Wahrscheinlich nicht. Dabei ist diese Software im Grunde das Hauptgebilde vom heutigen iTunes. Zumindest, wenn man es sich geschichtlich betrachtet. SoundJam MP war eine, vom Software-Verlag Casady & Greene, für den kommerziellen Nutzen entwickelte Software. Apple kaufte sich die Software in einem sehr frühen Stadium bereits ein und setzte sein eigenes Team an die Verfeinerung und Einbindung in das Macintosh-Betriebsystem. 2001 war es dann soweit und iTunes erschien in seiner ersten Version – ähnelte zu diesem Zeitpunkt aber noch sehr dem SoundJam MP vor der Übernahme. Die Software wurde von Apple im Anschluss mit zahlreichen Funktionen erweitert. Darunter zum Beispiel die Möglichkeit CD’s rippen und brennen zu können.

„Rip, Mix, Burn,“ – ein Satz an den man sich noch gewöhnen sollte

Zugleich konnte iTunes fortan mit dem iPod umgehen und dies war der Mittelpunkt der Software. Erst dadurch ließ sich das kleine, revolutionäre Abspielgerät überhaupt mit Musik befüllen. Mit dem iPod änderte sich das Musikverhalten mehrerer Generationen auf einen Schlag (⇒LINK). Gerade auch, weil iTunes 2003 den iTunes Music Store einführte. Erstmals konnte man einfach und schnell in digitale Musik hineinhören und sie dann bei Gefallen auch kaufen. Fortan stöberte man durch digitale CD-Regale und konnte plötzlich die ganze Musikwelt in Händen halten – sinnbildlich natürlich.  2003 schaffte es iTunes auch erstmal auf Windows-Computer und ist seit Windows XP bis heute die älteste Apple-Software auf dieser Plattform.

Seit dieser Zeit wurde das Angebot an Medien stetig erweitert. Musikvideos kamen zur Musik hinzu und konnten auf einem iPod mit Videounterstützung mitgenommen und betrachtet werden. Der Podcast hatte seine Geburtsstunde, Filme und TV-Serien hielten Einzug in den iTunes Music Store, Musik wurde DRM-frei und der iTunes Music Store wurde schlicht zum iTunes Store. Bis heute sind alle möglichen Dienste am iTunes-Konstrukt angeflanscht worden, denn irgendwie wurde alles schlicht zu Musik. Kaum jemand hörte ab diesem Zeitpunkt noch Musikalben vom Anfang bis zum Ende durch – wie man es vielleicht zu Vinyl-Zeiten getan hat. Alben wurden auseinandergenommen und die einzelnen Titel in eigene Playlisten gepackt. Eigene Kassettenbänder lebten damit digital auf und erstmals konnte man gefühlt unendlich viele davon in der Hosentasche mitnehmen.

iTunes sei Dank

In den letzten 15 Jahren veränderten sich vielerlei Dinge an der steinzeitartigen Software. Vor allem änderte die Software mehrmals das Aussehen und auch das Softwarelogo selbst wurde mehrmals gewechselt. Der iTunes Store durchbrach die Hürde von zehn Milliarden heruntergeladenen Liedern und war, weltweit betrachtet, der größte Verkaufsort für digitale Musik. iTunes verwaltete ab 2007 auch das iPhone, sowie ab 2010 das iPad. Dabei ging es mit beiden Geräten wie mit einem iPod um und transferierte allerhand Medienarten. Ping wurde als soziales Netzwerk integriert und starb kurze Zeit auch wieder. Nach dem Tod von Connect in Apple Music wissen wir heute, das Apple es mit sozialen Netzwerken nicht so wirklich drauf hat. Leider.

Vielleicht ein Grund, weshalb man in iTunes auch Facebook und Twitter integrierte, um die Inhalte auf diesen Plattformen schnell teilen zu können. Fraglich wer dies nutzt. Geblieben sind die Funktionen aber bis heute. iTunes wurde optisch stark vereinfacht. Es wird klar zwischen den eigenen Inhalten und den Inhalten aus dem iTunes Store getrennt. Doch gerade Apple Music, das Abomodell von Musik für eine monatliche Geldsumme, grätscht hier in das ganze alte Konstrukt hinein und wirkt deplatziert. iTunes war ein nettes Konzept, um auf dem Mac, aber auch unter Windows, alles unter einen Hut zu bekommen. Ein Ankerpunkt in dem alle Medien katalogisiert, auffindbar und nutzbar sind. Allerdings wird es Zeit, dass die Überreste des Softwaredinosauriers nun endgültig im Museum landen.

Lokale Backups? iTunes!

Was macht das uralte Softwaregebilde heute noch genau? Beziehungsweise, was muss es heute noch genau erledigen? Viele Mac-Nutzer machen iTunes schon gar nicht mehr auf. Das iPhone und iPad haben das Kaufen aber auch Konsumieren von Musik, Filmen und TV-Serien abgenommen – der Apple TV sei hier nicht zu vergessen. iTunes muss heute in vielen Fällen nur noch als letztes Hilfsmittel genutzt werden, wenn iPhone und iPad ein größeres Softwareproblem aufweisen und mit frischer Software repariert werden müssen.

Nur so kann ein iOS-Gerät heute vom Privatanwender noch im Ernstfall gerettet werden.Auch die ganze Backup-Geschichte hat sich von iTunes auf die iCloud verlagert. Backups von iPhone und iPad landen so automatisiert in der iCloud und müssen nicht mehr über ein Kabel lokal auf dem Mac oder Windowscomputer mit Hilfe von iTunes angelegt werden. Zumal man dies sowieso nie regelmäßig vollzog und im Ernstfall immer einen veralteten Backupstand vorfand.

Aber wer macht das heute noch? Und wenn er es tut: Wieso? Wieso täglich das iOS-Gerät über ein Kabel mit iTunes verbinden und ein Backup anfertigen, wenn die tragbaren Geräte das eigenständig über Nacht mit der iCloud erledigen können? Uns stört schon das Aufladen im Alltag ab und an. Da könnte man die Kabelverbindung an diesem Punkt beseitigen. Zumindest für manche Nutzer.

Viele Medien, wenig Aufteilung

iOS macht heute eigentlich schon ganz klar vor, wie Medienverwaltung funktionieren soll und kann. Einzelne Apps nehmen nur eine Art von Medium an. So gliedern sich Musik, Filme und TV-Serien, sowie Podcast, Bücher und Hörbücher und auch der App Store in jeweils eigenen Apps auf. iTunes denkt hier noch in Kategorien. Nett, wenn man in 2010 leben möchte. Nicht nett, wenn man sich beim eigenen Konsumverhalten mehr auf einzelne Gebiete fokussiert.

Wieso also iTunes öffnen, wenn man nur Musik wie unter iOS hören möchte? Und das gilt auch für alle anderen Medienarten. Schon mit iBooks, heute die Bücher-App (engl. schlicht „Books“), hat Apple die ganze Angelegenheit mit Büchern und Hörbüchern aus iTunes herausgenommen und sie am Mac in eine zentrale App gesteckt. Das erscheint richtig und bringt eine räumliche Trennung mit sich. Wieso sollte dies nicht auch mit allem anderen machbar sein?

Die Dinge liegen ganz klar auf der Hand. macOS wurde die letzten Jahre sehr stark modernisiert. Optisch erinnert nichts mehr an die alten Macintosh-Jahre. Außer, wenn man sich die Standardfunktionen wie die Menüleiste und das Dock ansieht. iTunes wurde daran immer angepasst. Allerdings wurden neue Eigenschaften des gesamten Ökosystems immer nur in iTunes selbst integriert, aber niemals in macOS an sich. Also das direkte Gegenteil von dem was iOS vorzeigt. In diesem Sinne muss iTunes als Software einfach einen Wandel in voneinander getrennten Apps vollziehen. Wie unter iOS auch sollten es einzelne Zielpunkte sein, um an eine Art von Medium gelangen zu können. Dass das richtig ist, zeigt die Bücher-App wirklich sehr deutlich. Musik, Filme und TV-Serien und Podcast – alles baucht unter macOS eine dedizierte App.

Goodbye iTunes

Musik wird heute kaum noch gekauft. Und wenn, dann lebt sie wirklich nur noch in iTunes. Hier könnte eine reine Musik-App aber beide Nutzerverhalten umsetzen und so einmal den Musikkonsum auf das einzelne Medium fokussieren. Das Apple Music Abo lebt in iTunes derzeit wie ein Fremdkörper und braucht endlich eine eigenen Hülle auf dem Mac. Auch Filme und TV-Serien brauchen einen eigenen Punkt für sich. Gerade, weil Apple in diesem Markt das Ökosystem mit einem eigenen Dienst und eigenen Inhalten ausbaut. Und auch die Sache mit dem Podcast sollte getrennt sein. macOS muss sich schlicht mehr an iOS und tvOS halten und iTunes vergessen lassen.

Ein Argument für iTunes ist die Verwaltungsmöglichkeit von iOS-Geräten. Was also künftig tun, wenn ein iOS-Gerät mit Hilfe des Mac wiederhergestellt werden muss? All diese Funktionen könnte man gut und gerne als Punkt in den Systemeinstellungen von macOS unterbringen. „Verwaltung von iOS-Geräten“ könnte sich dieser schimpfen und die gleichen Funktionen aufweisen, die iTunes schon immer für diese Gerätesparte aufwies. Apple muss aufräumen. Besser gesagt: Muss Apple iTunes endlich wegräumen. So schön die Zeiten damit waren, so angestaubt wirken sie mittlerweile auch. Und Nostalgie hilft leider nicht, wenn man im Alltag an Integritätsprobleme stößt. Oder wie erklärt man einem jahrelangen iOS-Nutzer heute schnell und einfach die iTunes-Welt?

Es ist die Hardware, die einen Computer schnell macht; und die Software, die ihn wieder verlangsamt.

∼ Craig Bruce ∼


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