Es gibt Dinge, über die kann man sich trefflich streiten. Und wenn sie dann geschehen, dann ist der Aufschrei in vielen Ecken unterschiedlich laut. Einige begrüßen Entscheidungen und andere verteufeln sie. So war es zum Beispiel auch beim iPhone 5, als Apple vom Dockconnectoranschluss zum Lightninganschluss wechselte und vorhandenes Zubehör nur noch mit einem Adapter nutzbar war. Der Aufschrei wird wahrscheinlich genauso unterschiedlich laut werden, wenn das iPhone bald gar keinen Anschluss mehr an der unteren Gerätekante besitzt (⇒LINK). Doch in diesem Fall werden wir uns vielleicht erst einmal mit einem kleineren Aufschrei begnügen müssen. Nämlich dann, wenn wir die Schachtel des iPhone 12 öffnen und kein Ladegerät und keine kabelgebundenen Kopfhörer mehr vorfinden werden.
Diese Kolumne ist auch als Podcast verfügbar.
Man kann es nicht jedem recht machen.
Heute werden wir uns mit Sicherheit selten beschweren, wenn wir den kleinen, schmalen Lightningstecker in unser iPhone stecken und es so aufladen. Wir haben uns schlicht daran gewöhnt, dass das Lightningkabel einfach eingesteckt wird und nicht nur, wie der einstige Dockconnectorstecker, in einer bestimmten Richtung passt. Und wieso? Weil der Mensch ein Gewohnheitstier ist. Alles, was Veränderung mit sich bringt, wird zunächst abgelehnt und erst später als normal betrachtet. Denn was der Mensch nicht versteht, das lehnt er zu Beginn einfach oftmals ab. Und das gleiche Thema könnten wir auch mit dem Wegfall des Kopfhöreranschlusses am iPhone und der danach folgenden Nutzung von drahtlosen AirPods wiederholen. Wir müssen uns einfach erst selbst Schritt für Schritt an die Thematik herantasten und vom Gegenteil überzeugen.
Leben ist Wandel.
Wenn wir einmal verstanden haben, dass Leben auch Wandel bedeutet, dann werden wir eher schweigen, bevor wir aufschreien. Aber auch nur vielleicht. Im Technologiesektor ist der Wandel schneller als man sich als Nutzer an die Veränderungen gewöhnen kann. Und gerade weil alles so schnell im Wandel ist, werden die Schreie öfter, aber auch kürzer. Naja, in diesem Jahr wird uns wahrscheinlich eine neue Überraschung erreichen – die ich persönlich aber begrüße.
Das iPhone 12 / iPhone 12 Pro kommt wahrscheinlich nur mit einem Lightning auf USB-C Kabel in der Box. Es wird kein Netzteil dabei sein. Was meint ihr?
— matthias-petrat.com (@mp_com_blog) 30. Juni 2020
“Originalkarton und Zubehör vorhanden.“
Seit wie vielen Jahren springen wir denn vom einen zum anderen iPhone-Modell? Ich selbst seit 2007 schon. Aber ihr? Wie oft schaute man sich denn abseits vom iPhone den Inhalt der Schachtel an? Eigentlich ignoriert man diesen, denn man nutzt seit dem letzten Modell schon ein Ladegerät und das dazugehörige Ladekabel. Was bedeutet, dass das neue Ladegerät und neue Ladekabel in der Verpackung bleiben oder ausgepackt in irgendwelchen Schränken verschwinden. Summiert man das über ein paar Jahre und über Millionen von Nutzern weltweit, dann kommt man auf eine stolze Summe von Ladegeräten und Ladekabeln, die unnötig produziert und ausgeliefert worden sind. Stimmt man mir hier zu? Ich denke doch schon. Schaue ich mir mein Sammelsurium an Kabeln an, dann gehöre ich hier definitiv dazu.
Sinn? Unsinn?
Wenn Apple sich in diesem Jahr zu dem Schritt entscheiden sollte, dass einem iPhone-Modell kein Ladegerät mehr beiliegen würde, dann klingt das erst einmal so, als wollten sie nur Geld sparen und noch mehr Gewinn in die eigene Kasse spülen. Kann man so sehen, sollte man aber nicht. Welcher Autohersteller legt heute noch einen montierbereiten Ersatzreifen in die Kofferraummulde? Genau. Keiner mehr. Außer man möchte es unbedingt. Dieser Ersatzreifen wird aber prinzipiell nicht genutzt und fährt immer als unnötiger Balast mit. Also wie ein Ladegerät in der iPhone-Schachtel. Die Schachtel muss dafür größer sein, verbraucht selbst mehr Resourcen, muss beim Transport mehr Platz einnehmen und somit fährt das gesamte Volumen überflüssig mit – weil der Großteil der Kunden das Ladegerät in der Schachtel lässt und nur das iPhone herausnimmt.
Die Option: Kein Notreifen!
Wenn sich ein Nutzer zum ersten Mal für ein iPhone entscheidet und dann kein Ladegerät in der Schachtel vorfindet, dann wird er wahrscheinlich schon ein Ladegerät mit USB-C Port besitzen. Wahrscheinlich. Ein Lightning- auf USB-C-Kabel wird dem iPhone weiterhin beiliegen, weil Lightning nicht für jeden ein Standard im Kabelsortiment ist. Doch diesen Nutzern könnte Apple einfach eine Option beim Verkauf anbieten, dass sie für 5 € bis 15 € Aufpreis auch ein passendes Ladegerät mitschicken. Wie viele Käufer würden sich für diese Option entscheiden? Wenige, denn jeder würde erst einmal überlegen, nachschauen und auch abwägen, ob er ein solch neues Ladegerät überhaupt braucht und nicht schon eines dieser Art besitzt. Ab diesem Punkt hat Apple dann schon gewonnen, denn die Wertschätzung und Sinnhaftigkeit hinter der Anschaffung eines solchen Ladegerätes hat stattgefunden. Ab diesem Punkt wird kein unnötiges Ladegerät verkauft, das dann doch nicht genutzt wird. Wenn Dinge eine Option sind, dann werden sie überdacht. Vielleicht wie die Extras einer Autoausstattung. Nicht jeder braucht einen Zigarettenanzünder für die Leute auf der Rückbank im Auto.
Kopfhörer mit Kabel? Also bitte!
Apples AirPods sind ein dominantes Bild, wenn man durch die Stadt läuft, in der Straßenbahn sitzt oder Menschen in Cafés sitzen sieht. Sogar Androidnutzer nutzen sie gerne – wirklich. Sie lassen sich einfach verbinden und funktionieren einfach. Wahrscheinlich ist das auch der Grund, wieso sie millionenfach verkauft wurden und weiterhin werden. Und wahrscheinlich ist dies auch der Grund, wieso die kabelgebundenen EarPods in der iPhone-Schachtel bleiben und nie genutzt werden. Was wahrscheinlich dann auch weltweit millionenfach passiert. Und aus diesem Grund werden wir in diesem Jahr dann wahrscheinlich keine kabelgebundenen Kopfhörer mehr in der iPhone-Schachtel vorfinden.
Lösungen? Vorschläge?
Wenn wir uns künftig für ein neues iPhone entscheiden, dann wird Apple uns Optionen zur Verfügung stellen. „Brauchst du ein Ladegerät?“ und „Möchtest du noch passende Kopfhörer dazu?“ In beiden Fällen entscheidet jeder Nutzer selbst und nicht Apple einfach aus dem Gedanken heraus, Nutzer könnten ja beides brauchen und auch nutzen. Es bräuchte hier auch Bundles. Gerade AirPods sollten hier noch mehr in das Licht gerückt werden – „Nimm dir beim Kauf eines iPhone noch AirPods mit und erhalte einen Rabatt auf diese.“ Wenn wir vor einer Wahl stehen, dann müssen wir entscheiden. So entscheiden wir uns einfach, gewisse Dinge auch nicht zu nutzen. Aus diesem Grund bleiben iPhone-Schachteln, bis auf das iPhone selbst, einfach unangetastet. Man nennt dies Ressourcenverschwendung und nicht selten landen solche Ressourcen auch einfach im Müll.
In einem Jahr ein bekanntes Bild.
Unsere Entscheidung wird im ersten Sinne aber immer finanziell beschlossen. Aus diesem Grund gibt es auch unterschiedliche iPhone-Modelle in unterschiedlichen Preissegmenten. Wenn wir jetzt noch ein 5 € bis 15 € teures Ladegerät überdenken müssen, dann werden wir wahrscheinlich eher zum bestehenden greifen. Außer wir besitzen keines oder brauchen ein neues – dann haben wir die Option. Und das gleiche Spiel gilt auch für die Kopfhörer – wir können uns heute schon für AirPods entscheiden. Was auf der einen Seite also als Unsinn erscheint, hat auf der anderen Seite einen großen Sinn. Über diesen wird uns aber erst die grüne Tafel auf der Apple Keynote zu den neuen iPhone-Modellen überzeugen, auf der die positiven Umweltaspekte hervorgehoben werden, wenn wir nicht millionenfach Zubehör nicht nutzen und/oder wegwerfen. Kein Ladegerät und keine Kopfhörer in der iPhone-Schachtel. Ein Bild, an das wir uns wahrscheinlich gewöhnen sollten.
Die Vernunft aber wird zeigen, dass Verschwender verrückt sind, weil sie töricht sind.
∼ Quintus Horatius Flaccus – römischer Dichter ∼
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