2023 habe ich zum 12. Mal die internationale Funkausstellung in Berlin besucht – kurz IFA. Kaum jemand weiß, dass Albert Einstein die erste IFA 1930 eröffnete und es davon auch ein koloriertes HD-Video mit Ton gibt. Eine einwöchige Reise nach Berlin und die Besuche auf der IFA sind fast schon ein Ritual, was einmal jährlich geplant wird und wodurch man Bekannte, alte Freunde, Kollegen, aber auch neue Kontakte wiedersieht oder neu kennenlernt. Die IFA 2023 war anders und der Gesamteindruck neu.
Mein erster IFA-Besuch war 2010 …
… und auch die Eindrücke waren in diesem Jahr komplett anders als heute. Wir müssen uns hier vor Augen halten, dass wir nicht in dem technischen Fortschritt steckten, in dem wir uns heute befinden. Das höchste der Gefühle war 2010 noch ein iPhone 3GS oder iPhone 4, das iPad startete selbst erst in diesem Jahr durch und der iPod war noch jeden Tag ein Thema. “Vom technischen Kind zum technischen Erwachsenen” würde dies als Kolumne nochmals gut untermalen. Highlights waren hier damals vor allem Zusatzakkus, die noch sehr groß und super schwer waren. Sie zeigten aber auf, dass man mobile Geräte unterwegs aufladen konnte. Viel mehr Thema waren aber noch Audio und Video. So waren Fernsehgeräte und Audioanlagen ein Kernthema der IFA und jeder Hersteller hatte etwas zu zeigen.
Rechnet man nach, …
… ergibt 2023 minus 2010 nicht 12, sondern 13. Das ist korrekt. Durch die Pandemie fiel eine IFA 2021 aus. 2020 fand die IFA als Hybrid-Veranstaltung statt. Das vergisst man gerne und auch den Besuch selbst hätte man sich ein wenig sparen können. Dennoch war ich mit Kollege Frank-Oliver Grün dort und genoss ein paar Präsentationen und Reden auf offener Bühne. Mehrwert hatte dies nicht, aber man war da und hatte ein wenig das Gefühl keine komplette Vollbremsung zu machen. Die kam dann eben 2021 mit dem Ausfall der gesamten Messe.
Die Pandemie hat viele Dinge verschoben.
Im privaten und beruflichen Umfeld haben wir mehr unser Zuhause geschätzt. Wir leben und arbeiten mittlerweile vermehrt dort und was uns zu Beginn nervte, finden wir heute toll. Home-Office haben wir schätzen gelernt. Auch hat sich somit die Industrie in dieser Zeit mit Ihrem Denken umgestellt. Es wird mehr für das Zuhause gedacht und konzipiert. Das Smart Home soll somit mehr zum Workplace werden und/oder auch beides sein. Ein Schreibtisch in den eigenen vier Wänden ist normal und wurde von uns stetig nach den eigenen Bedürfnissen eingerichtet und bis heute genutzt. Und was ich nicht verstehe ist, dass man diese Kategorie an Produkten auf der IFA 2023 einfach komplett vermisst. Auf dieses Thema wird nicht eingegangen. Und Lichttechnik für einen Gamer-Schreibtisch lasse ich hier weniger zählen.
Die IFA 2023 …
… war geprägt von Langeweile. Durch die Bank durch. Es war eine 2.0 der IFA aus 2022. Grob ausgedrückt, aber genauso gefühlt und betrachtet. Matter war ein Thema im Jahr 2022. Niemand wusste, was es ist, aber jeder wollte es machen und kündigte groß an. Ein Jahr später sind wir noch am gleichen Punkt. Und wenn es etwas mit Matter zu sehen gibt, ist es der gleiche langweilige Kram, den wir schon seit Jahren kennen – ein smarter Zwischenstecker. Mehr ist da nicht. Die Ankündigung bleibt meist die gleiche und jeder kocht sein Süppchen oder will es mit anderen Partnern zusammen kochen. Viel Schein, wenig Sein. Das Thema Smart Home ist demnach noch am gleichen Punkt wie zur IFA 2022 und keiner hat einen Plan von wo aus und ab wann die Reise in die gewünschte Richtung beginnen soll.
Geprägt war die IFA 2023 von Saugrobotern und Stabstaubsaugern.
Wahrscheinlich habe ich noch nie so viele Stände zählen können, die Saugroboter und Stabstaubsauger in allerlei Geschmacksrichtungen aufzeigten. Es ist langweilig, denn am Ende sind sie doch alle gleich und saugen und wischen durch die Wohnung. Das taten diese aber auch vor 4-5 Jahren schon so. Daneben sind viele große Partner nicht anwesend gewesen. Die große Telekom-Halle gab es nicht, Philips war nur außerhalb der Messe hinter geschlossenen Vorhängen da, Loewe verteilte am Eingang nur Wasser und mit “Funk” hatte nur AVM als großer Mitspieler etwas zu sagen. Die Mischung an Ausstellern ist in Summe sehr überschaubar gewesen. Geht man einmal in Gedanken über die besuchte Messe, sieht man Waschmaschinen, Spülmaschinen, Backöfen, Handyhüllen und Zubehör und Smart Home Themen. TV-Geräte sind komplett als Thema in den Hintergrund getreten und scheinen einfach an Bedeutung verloren zu haben. Audio-Technik findet man gefühlt gar nicht, wenn man Teufel als Aussteller hier einmal außen vor lässt. Die Themen haben sich sehr verschoben. Aussteller bleiben oft ganz weg und viele kleine Aussteller, die sich gegenseitig kopieren, stellen ihre Produkte aus. Das wirkt in manchen Ecken wie ein Trödelmarkt.
Der Erfolg der IFA 2023 …
… sei riesig gewesen. So sagt es der Veranstalter. Man sei ausverkauft gewesen. Das geht natürlich schnell, wenn nur die Hälfte der Hallen mit Ausstellern belegt ist und der Rest geschlossen bleibt. Die Pressetage waren sehr still, habe ich mir mehrmals erzählen lassen. Die öffentlichen Besuchstage ab dem 01. September waren noch stiller. Selbst das Wochenende zeigte, dass das Interesse von Konsumenten sehr geschrumpft ist. Pressetage mit Teppichgestolper und Aufbaulärm gebe ich mir schon lange nicht mehr und mische mich immer unter die “Masse” an den öffentlichen Besuchertagen. Während der Messe und auch zuvor bekommt man schon sehr viel durch Pressemitteilungen mit, wodurch man dann auf der Messe selbst noch die Haptik von einem angekündigten Produkt erleben möchte. Grundsätzlich reichen diese Informationen der Pressemitteilungen auch mittlerweile aus und man weiß alles. Denn oft kann man Produkte nur als nichtfunktionierenden Prototypen anschauen und muss sich mit der Ankündigung zufriedengeben. Das war früher alles einmal anders. Man konnte mehr ausprobieren und schon so abwägen, ob man Interesse an einer Sache findet. Das ist gefühlt alles verschwunden.
Die IFA 2023 …
… hatte für mich kein Highlight. Nichts wo ich sagen würde “Ja, das war super und eine coole Sache“. Alles wirkte etwas abgestaubt, neu aufgestellt und erneut präsentiert. Nur die persönlichen Kontakte waren so frisch und schön wie immer und allein deswegen hat sich der Besuch gelohnt. Es ist immer ein Zusammenkommen von Kollegen, Bekannten und Partnern, die man alle schon seit Jahren kennt. Man trifft sich auf einen Kaffee am Stand und geht am Abend auch mit Kollegen essen. Es ist manchmal wie ein Schultreffen aus unterschiedlichen Schuljahren. Das macht es für mich immer so angenehm. Und nett ist auch immer wieder, wenn ein “Hey, ich lese deinen Blog seit Jahren und finde deine Arbeit cool” von links oder rechts zu einem kommt und man so den/die ein oder andere/n Leser*in kennenlernt und mittlerweile auch wieder die Hand schüttelt. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das der Hauptgrund für den Besuch der IFA sein sollte und das wirkliche Thema einer internationalen Funkausstellung von Jahr zu Jahr mehr verschwinden sollte. Betrachten wir uns also 2024 die IFA aus einer andere Blickrichtung und hoffen wir auf einen alten Flair.
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