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Lineares Fernsehen wirkt wie ein Dinosaurier der Unterhaltung. Nicht nur, dass junge Zuschauer über dieses Medium nicht mehr wirklich erreichbar werden, auch die älteren Zuschauer sterben den Fernsehsendern schlicht linear weg. Das Medium “Fernsehunterhaltung” hat sich in den letzten Jahren mehr als stark gewandelt und damit auch eine neue Wohnzimmerschlacht ausgelöst (->LINK). Heute möchten wir Inhalte auf Abruf verfügbar haben und natürlich an jedem Ort und zu jeder Zeit. Netflix ist hier der Vorreiter der Abrufunterhaltung und hat sich zu einem riesigen Unterhaltungsmedium entwickelt. Doch auch andere Anbieter sind nach und nach wie Pilze aus dem Boden geschossen, um auf gleichem Boden mitzuhalten. Darunter auch Apple mit seinem iTunes-Store, wo Filme, Serien und andere Videoformate entweder geliehen oder gekauft werden können. Doch was wäre, wenn Apple Netflix kaufen würde?
Netflix wurde 1997 in Los Angeles gegründet und beschäftigte sich zu Beginn nur mit der Verleih von DVD’s und Blu-rays. Der Dienst war in diesem Fall schlicht eine Online-Videothek in der der Kunde seine Auswahl trifft und die Silberscheiben dann nach Hause geschickt bekommt. “Net” bezieht sich auf die Onlineverfügbarkeit des Dienstes und “flix” (bzw. flicks) betitelt umgangssprachlich “Filme” – damit drückt der Name schon von Beginn an die Ausrichtung des Dienstes an. Die Ausrichtung vom Versand von DVD’s und Blu-rays wurde 2007 in den direkten digitalen Abruf von Medien über das Internet verändert – heute als Video-on-demand zu sehen. Heute ist Netflix der erste Gedanke, wenn sich Menschen über ein abrufbares Angebot von Filmen und Serien über das Internet unterhalten und damit ist Netflix nicht nur eine Firma, sondern zugleich auch eine Marke und eine Versinnbildlichung für einen gesamten Industriezweig. Heute (Stand Januar 2018) hat Netflix weltweit 118 Millionen Kunden, hauseigene Film- und Serienproduktionen und ist über Apps und/oder Webzugriff auf jeglicher Geräteplatform vertreten und erreichbar.
Doch auch Apple hat in gleicher Zeit nicht geschlafen. Gerade das Jahr 2007 kann da gerne als den Startschuss einer neuen Konsum- und Unterhaltungsära genannt werden. Das iPhone erreichte in diesem Jahr die Welt und erlaubte auch das Betrachten von Videoinhalten. Diese konnten zur damaligen Zeit auf einem Mac und Computer in iTunes gekauft, auf das iPhone synchronisiert und dann an jedem Ort und zu jeder Zeit betrachtet werden. Heute keine Neuheit, zur damaligen Zeit aber eine Seltenheit im Alltag. Gerade Musikvideos waren zu dieser Zeit noch ein beliebtes Medium zum Betrachten und daher auf so gut wie jedem iPhone gespeichert. Doch Dinge ändern sich und Apple ist das definitiv keine Ausnahme im Wandel.
Mit iTunes verfolgt Apple eine lange Geschichte im Wandel von digitalen Medien. Zu Beginn war iTunes schlicht nur eine Software für den Mac, um den iPod, den damaligen Musikgaranten, kabelgebunden mit Musik zu bestücken. Eigene CD’s rippen, Musik kaufen und sogar auf CD-Brennen – das war der Beginn der Software. Der später darin integrierte iTunes Store erlaubte das Kaufen von Musik und wurde nach und nach durch neue Medieninhalte und deren Kategorien erweitert – dabei auch Filme, Serien und Musikvideos. Heute ist iTunes ein wirklicher Softwaredinosaurier, an dessen fossilem Skelett permanent neue Bauteile angebracht wurden. So ist der iTunes Store mehr oder minder der Hauptstamm für Apps, Musik, Filme, Serien, Podcasts und zugleich als Software auch ein Werkzeug zur klassischen Verwaltung von iPod, iPhone und iPad. Dennoch, der iTunes Store ist heute auf jedem mobilen Gerät verfügbar – auch auf dem Apple TV. Das macht es dem Benutzer einfach, denn geliehene oder gekaufte Medieninhalte lassen sich so auf jedem Gerät konsumieren. Gerade die nahtlose Integration in iOS, tvOS und macOS machen den iTunes Store zur ersten Anlaufstelle, wenn es um das Suchen und Konsumieren von Inhalten geht. Apple Music, ein Musikstreamingdienst der auf die gesamte Musikbibliothek des iTunes Store zugreift, zeigt ganz klar auf, dass die Funktion von Medienkatalogen transformiert werden kann und dadurch ganz neue Anwendungsebenen entstehen können.
Mit Apple Music erstellte Apple seinen ersten Mediendienst in Form eines Abo-Modells. Für einen monatlichen Betrag erhält man Zugriff auf die gesamte Musikbibliothek in iTunes und kann so Songs streamen, herunterladen aber vor allem überall und zu jederzeit hören. Netflix ist dazu das Pendant im Sinne einer verfügbaren Filmbibliothek. Auch hier kann der Nutzer über ein Abo-Modell und einem monatlichen Betrag auf eine Medienbibliothek in Form von Spielfilmen, Serien und Dokumentationen zugreifen. Das bietet einem Unmengen an Konsummaterial an, kann einen aber auch schlicht, in Anbetracht der Medienmasse, überfordern. Netflix pflegt seinen Medienkatalog, wirft ältere Inhalte aus Lizenzgründen nach einiger Zeit raus und bestückt den Katalog mit neuem Inhalt. Gerade die Eigenproduktion stechen heraus und sind meist gut im Vordergrund der Plattform platziert – mittlerweile auch deutsche Produktionen. Netflix lernt den Zuschauer kennen und schlägt ihm nach und nach für dein Zuschauerprofil neue und sehenswerte Inhalte, betreffend seinem Verlauf an geschauten Inhalten an. Das klappt mehr oder weniger gut, aber wie gut kann ein Computer und System einen auch schon personalisiert kennenlernen und korrekt verstehen? Apple Music schlägt hier in die gleiche Kerbe. Apple und Netflix, zwei Konzerne mit Medienplattformen. Auf der einen Seite der iTunes Store mit seiner Fähigkeit Musik, Filme, Serien und Co. kaufen zu können, aber auch Musik in Form von Apple Music zu streamen. Und auf der anderen Seite ist Netflix mit seinem Angebot an Filmen, Serien und Co. – monatlich zu streamen und auf fast allen denkbaren Plattformen verfügbar. Was wäre also, wenn diese zwei Welten verschmelzen würden? Was wäre wenn Apple Netflix kaufen würde?
Mit Apple Music versuchte sich Apple bisher etwas im Streamen von Videoinhalten. So ist “Planet Of The Apps” die erste hauseigene Serie gewesen, die exklusiv nur Abonnenten von Apple Music betrachten konnten. Der Zukauf der Serie “CarPool Karaoke” ist der zweite Anlauf in dieser Richtung. Mittlerweile ist auch klar, dass Apple mehr hauseigene Videoinhalte produzieren möchte. Doch ist Apple Music wirklich die korrekte Kategorie dafür? Für den Beginn vielleicht, doch auf Dauer definitiv nicht. Allein der Name lässt das Konstrukt schief und unstimmig wirken und es fallen einem zugleich bessere Ideen dafür ein – wie wäre es mit “Apple Video”. Apple verfügt derzeit über ein Vermögen von 285 Milliarden US-Dollar (Stand Februar 2018). Abzüglich der Verbindlichkeiten bleiben ein Nettovermögen von 163 Milliarden US-Dollar übrig. Wenn man sich Netflix und seinen netto Marktwert von ca. 87 Milliarden Dollar und eine geplante Ausgabe seitens Apple in Milliardenhöhe betrachtet, dann könnte man annehmen, dass Apple Netflix kaufen möchte. Könnte wohlgemerkt, denn eigentlich scheut Apple solch gigantische Zukäufe. Die größte Übernahme erfolgt im Wert von 3 Milliarden US-Dollar und betraf die Firma Beats, deren Kopfhörer als Marke für mobilen Musikkonsum gelten. Mit diesem Zukauf hat Apple also seinen eigenen Hersteller für Audioequipment im Haus und kann auf und durch dessen Know-how auf neue Produktebenen aufbauen. Auch der Zukauf von der Musikerkennungsfirma Shazam im Wert von 100 Millionen US-Dollar, brachte oder bringt für die Zukunft eine Firma mit sehr speziellen Wissen ins Haus.
Hintergrund ist die vergleichsweise hohe Körperschaftssteuer von 35 Prozent die Firmen bisher in den US zahlen mussten. Aus diesem Grund bewahren viele Firmen ihre Gewinne in den jeweiligen Ländern auf. Mit dem neuen Gesetz sinkt der Steuertarif allerdings auf 21 Prozent und bei der Rückführung von Erträgen in die USA wird nicht mehr der volle Satz fällig, sondern nur noch einmalig 8 % bis 15,5 %. Da Apple derzeit ca. 250 Milliarden US-Dollar im Ausland deponiert hat (jedes Jahr kommen rund 50 Milliarden Dollar hinzu) und bei einer Rückführung der Reserven abzüglich der Steuern ca. 220 Milliarden US-Dollar zur Verfügung stehen würden, könnte der Konzern das Geld entweder für Aktienrückkäufe und Dividenden verwenden – oder für Übernahmen. Für das Quartal 4 2018 hat der Konzern eine größere, geplante Ausgabe festgesetzt, über die noch nicht im Detail gesprochen wird. Es ist mehr oder weniger eine Industrielogik, das Apple Netflix kauft. Der Zukauf würde Apple allerdings eine geballte Ladung an Branchenwissen und Infrastruktur mit sich bringen. Mit diesem Vorgehen könnte der Konzern die schon bestehenden 118 Millionen Kunden erreichen, das Angebot auf seine Bedürfnisse umbauen, in Softwareplattformen integrieren und so einen Garant für Video-on-demand aufbauen. Wie gesagt: “Apple Video” wäre als Plattformname noch frei…
Das Leben gehört dem Lebendigen an, und wer lebt, muss auf Wechsel gefasst sein.
∼ Johann Wolfgang von Goethe ∼
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