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DSC_0003_Fotor-11.01.2017-21-00-43-1-e1484164959347 Die Facebook-Generation

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Das Internet beschränkte sich in seiner Anfangszeit auf wenige Anlaufpunkte und einer darunter waren Chatportale. Auch das Internet selbst war ein teilweise beschränkter Anlaufpunkt und wurde in seiner Anfangszeit daher gerne stündlich abgerechnet in Internet-Cafés konsumiert. Der soziale Teil des Internets war allerdings von Anfang an der wichtigste, denn die digitalen Nutzer möchten sich mit Verwandten, Freunden oder auch fremden Internetnutzer weltweit austauschen und in Kontakt bleiben. Viele Plattformen für die Art der Kommunikation wurden erschaffen und viele erlitten nach kurzer Zeit auch schon wieder den Todesstoß. Nur einer ist übrig geblieben und wächst mehr und mehr – Facebook.

Facebook ist ein soziales Netzwerk, das ursprünglich „The Facebook“ hieß und als Plattform für ein Universitätsnetzwerk konzipiert wurde. Denker und Macher der Plattform ist Mark Zuckerberg, auch wenn sich hier bis heute teilweise noch gestritten wird, wer nun die wirkliche Idee für Facebook hatte. Zwar schien The Facebook ein Gemeinschaftsprojekt zu sein, dessen endgültigen Ruhm heute aber eindeutig Mark Zuckerberg trägt. Facebook sollte als eine Art Jahrbuch gelten und Personen an einer Universität miteinander verknüpfen. Studenten mussten schlicht ein Profil mit ihren Eckdaten und einem Passbild auf der Plattform anlegen und konnten in einem Verzeichnis nach anderen Studenten suchen. Was sich einst auf eine Universität beschränkte, wurde später noch mit anderen Universitätsnetzwerken weiterverknüpft. Doch Mark Zuckerberg hatte mit „The Facebook“ eine Vision. Er wollte die Plattform öffentlich zugänglich machen und dadurch Menschen über die ganze Welt hinweg miteinander verbinden und diese Vorgehensweise ließ nicht lang auf sich warten. Facebook wurde am 4. Februar 2004 veröffentlicht und ging am 18. Mai 2012 an die Börse. Doch Facebook ist heute keine reine soziale Plattform mehr, sondern eine Firma. Die Facebook Inc. beschäftigt heute weltweit 12.691 Mitarbeiter (Stand 31. Dez. 2015), besitzt einen Börsenwert von 306 Milliarden US-Dollar (Stand Q4/2015) und hat derzeit 1,8 Milliarden Mitglieder.

So gut wie jeder ist auf Facebook – wirklich jeder. Jugendliche, Senioren, Promis und selbst Tiere haben teilweise ein eigenes Facebookprofil von ihren Besitzern angelegt bekommen. Prinzipiell gibt es niemanden, den man nicht über Facebook finden und erreichen könnte. Das wissen auch werbetreibende Firmen und Facebook selbst. Daher ist die soziale Plattform gerade für Google ein störender Dorn im Auge, denn Werbung funktioniert nur dort, wo der Nutzer ist. Mark Zuckerberg hat mit Facebook das geschafft, wovon etliche App-Entwickler, Plattformbetreiber und digitale Dienstleister nur träumen können – Facebook ist so gut wie auf jedem mobilen und stationären Computer verfügbar und/ oder als App-Zugriffspunkt vom Nutzer installiert. Damit schleicht sich Facebook als ein Always-On-Dienst in den Alltag des gewöhnlichen Internetnutzers und macht in zu einem Teil der Facebook-Generation.

Ich betrachte Facebook seit einigen Jahr sehr skeptisch. Es ist nicht so, als würde Facebook plattformtechnisch etwas falsch machen – nein. Doch die Sammelwut an Daten nimmt Überhand und das ohne den Nutzer bewusst darin zu integrieren oder offen den Sinn dahinter offenzulegen. Fakt ist, dass die Facebook Inc. ihr Geld mit dem Sammeln und der Verwertung von Daten verdient. Daten die der Nutzer auf der Plattform durch sein ganz eigenes Zutun hinterlässt. Jeder Nutzer gibt auf der sozialen Plattform seine eigene Identität in kleinen Fußspuren ab – oft bewusst, zum größten Teil aber absolut unbewusst und mit dem Blick durch eine Rauchglasscheibe. Facebook kennt seine Nutzer und das besser als man meinen mag. Es beginnt mit dem Anlegen des eigenen Profils, in dem der Nutzer seinen Vornamen und Nachnamen einträgt. Diesen Klarnamenzwang gab es nicht von Beginn an, wurde aber ab einem bestimmten Zeitpunkt gefordert. So werden auch heute noch Profile mit Phantasienamen angeprangert ihre wahre Identität als Namen zu verwenden – was mehr oder weniger gut funktioniert. Die hochgeladenen Bilder sind der nächste Schritt, um das digitale Ich auf Facebook zu kreieren. Dadurch kann die Plattform dem Namen ein Gesicht zuordnen und lernt dadurch im Hintergrund mit. Gesichter werden auf Bildern schon erkannt, bevor man sich selbst darauf erkannt hat. Das wirkt gruselig, doch andere Nutzer können uns dank dieser Hintergrundanalyse auf fremden Bildern schneller erkennen. So weiß Facebook mit der Zeit vielleicht nicht nur wie wir heute aussehen, sondern auch wie wir zur Schulzeit und Jugendzeit aussahen.

Wir haben unsere Interessen und so ist jedes Like ein Indiz dafür, dass uns etwas ganz Spezielles gefällt. Das kann eine Fanpage, ein Bild oder auch nur ein Kommentar eines anderen Nutzers sein. Facebook lernt dieses Interesse zu verwerten und uns in einem kurierten Newsfeed neue Dinge vorzusetzen. Schonmal eine Person auf Facebook betrachtet, die ein Video sieht? Im Anschluss daran wird ein weiteres Video nachgeliefert. Vielleicht mit ähnlichem Inhalt oder einem ganz anderen Interessensgebiet. So wird der Nutzer teils ewig mit neuen Inhalten befeuert. Inhalte, welche zu 90% nicht unwichtiger und unsinniger sein könnten. Doch wir klammern uns an Facebook und verbringen Stunden über Stunden auf der Plattform. Wir scrollen, klicken, kommentieren, reagieren und teilen was das Zeug hält. Wir füttern Facebook dabei ganz bewusst und ohne uns Gedanken über die Verwertung der Daten zu machen. Der Klick ist für uns nur ein Klick, doch die Wirkung dahinter eine Kettenreaktion.

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Ein wirkliches Problem ist die politische Ausrichtung der freien Meinungsäußerung auf Facebook. Jeder darf auf Facebook seine Meinung sagen und auch so wie er sie möchte. Das war teils für den ein oder anderen Shitstorm verantwortlich aber auch der Auslöser einer Flut an öffentlichen Beleidigungen. Gerade Hasskommentare sind ein Problem der Plattform, das sie selbst aber eher weniger versucht anzugehen. Facebook sieht sich nicht in der Moderationspflicht von rechtsradikalen Inhalten – die vielleicht eine Meinung sein können aber schlicht hirnverbrannt sind. So brechen Themen über eingewanderte Kriegsflüchtlinge komplett aus dem Kontext heraus aus und enden in Hass und Elend. Diese Randgruppen tummeln sich auf Facebook zu genüge und ansich distanzierte man sich schon immer von Menschengruppen, mit denen man sich nicht identifizieren und abgeben möchte. Doch auf Facebook wird dieses Verhalten toleriert – teils sogar noch befeuert. So sind Pseudoidentitäten auf Facebook keine Seltenheit mehr. Wer sich hinter solchen Namensgebungen verbirgt ist aber von Beginn an nicht ernst zu nehmen, da seine Meinung nicht zu seiner Einstellung passt. Ist Facebook für uns also auch eine anonyme Art, um Frust und Hass auszusprechen?

Die News ist nur eine News, wenn sie neutral an den Leser oder Zuschauer gebracht wird. Doch so groß das Internet ist, so groß ist auch das Meer an Newsquellen. Alle großen Redaktionen pumpen daher seit Jahren ihre Artikel auch in den Newsfeed ihrer Facebookseite und ziehen somit auch die potentiellen Leser und Zuschauer auf Facebook in das Boot. Der Instant Article macht das Aufrufen von Berichten schnell und einfach, denn Facebook speichert den Artikel der Redaktion für schnelle Abrufe ab und macht sie dadurch auch in schlechten Mobilfunkverhältnissen abrufbar. So toll das alles wirkt  – Facebook sieht sich nicht als Newsanbieter selbst und handelt dementsprechend auch nicht. Großes Thema sind die sogenannte Fake-News. Dies sind Inhalte die an den Haaren herbeigezogen sind, Leser und Zuschauer beirren sollen und schon Beirrte weiter in ihren Bann ziehen. Wer an Verschwörungstheorien glaubt, der wird die nächste Verschwörungstheorie ganz sicher auch aufnehmen, glauben und weiterverbreiten. Facebook interessiert es aber nicht, das News ohne inhaltliche Wahrheit auf der Plattform publiziert und verbreitet werden. Zwar kann man solche Inhalte als Nutzer melden, doch gelöscht werden sie in Regel nicht – das gilt auch für menschenfeindliche Kommentare.

Der Content auf Facebook ist ein sehr fragwürdiger Content. Jeder Newsfeed ist nur so gut, wie die Leute, welche den Inhalt dort hineinschütten. Und jeder Inhalt ist nur so wahrheitsgemäß, wie ihn der Autor recherchiert und verfasst hat. Facebook ist für uns eine alltägliche Plattform, doch der soziale und wahrheitsgemäße Aspekt fehlt darin komplett. Viel mehr ist es ein Dauerfeuer an reiner Zeitverschwendung, in dem der eine Kochtipp dem nächsten Promi-Bikinibild folgt und das Feuer in einem politischen Aufriss von Lügen und Intrigen endet. Die Facebook-Generation ist zu einer Menschenmege geworden, die nicht überlegt, sondern nur handelt. Ein Inhalt wird nicht nach seiner Glaubhaftigkeit hinterfragt, sondern direkt verinnerlicht angenommen – egal ob positiv oder negativ. Bestes Beispiel ist ein Video des Komödianten Mario Barth. Dieser berichtete am 11.11.2016 auf Facebook in einem Video live vor dem Trump Tower, vor dem er zur Mittagszeit stand. Seine Aussage ist klar, denn alle Berichterstattungen von angeblichen Demonstrationen vor dem Trump Tower seien falsch und somit gelogen. Die großen Zeitungen würden, um es mit meinen Worten zu beschreiben, Fakenews verbreiten. Diese Berichterstattung eines Komödianten wurde mit Applaus in den Facebookkommentaren gefeiert. Ja, da sehe man doch mal wieder wie blind die Menschen den Medien trauen. Fakt ist aber, dass an diesem Tag die gesamte Straße am Trump Tower für eine Parade gesperrt wurde . Um genau zu sein eine Parade anläßlich des Veterans Day. Somit gab es auf der Straße überhaupt keine Möglichkeit für demonstrierende Menschenmassen. Zumal die vorherigen Demonstrationen auch immer in den Abendstunden und nicht zur Mittagszeit stattfanden. Wieder einmal sieht man mehr, dass Menschen den Inhalt also schlicht blind glauben und feiern, anstatt sich der Fakten wirklich bewusst zu sein oder versuchen bewusst zu werden. Klar ist an dieser Sache aber auch, dass selbst Komödianten, welche sich für ernst nehmen, leider nicht mit der Ernsthaftigkeit an Fakten und klarer Recherche zurechtkommen. Ein Paradebeispiele eines Problems der gesamten Facebook-Generation.

Kennste? Kennste? Kennste?

Facebook ist eine Desozialisierung geworden. Jeder sagt was er will und hier ist auch oft schon das Problem an der Thematik, denn der nächste Nutzer greift eine Meinung auf, glaubt sie und wirft sie weiter in die Menschenmenge. Inhalte sind nicht wirklich relevant, denn auf die Reaktionen der Nutzer kommt es an und das weiß auch Facebook. So lange die Nutzer aktiv sind, ist doch alles gut. Denn nur aktive Nutzer bringen auf Dauer wirklich Geld, in dem man ihnen in den Feed immer neue Werbeblöcke reinzwängt und immer mehr ihr digitales Ich aufstocken und analysieren möchte. Der Nutzer auf Facebook ist ein Glasbaustein aus Rauchglas – für Facebook ein durchlässiger Würfel, doch die gesammelten Daten darin für den Nutzer selbst zugleich undurchlässig. Ist es nicht Zeit den Facebookkonsum zu minimieren? Vielleicht ganz einzustellen? Den Newsfeed aufzuräumen, in dem man gewisse Inhalte oder die Personen mit dem Anreiz Hasskommentare zu verbreiten dauerhaft blockiert? Wie würde ein reales Facebook vor der Haustür wohl aussehen? Und würde sich dort jeder ebenso frei äußern, wie er es in seiner digitalen Scheinanonymität auf Facebook machen würde?

Wer im Verkehr mit Menschen Manieren einhält, lebt von seinen Zinsen; wer sich aber über sie hinwegsetzt, greift sein Kapital an. – Hugo von Hofmannsthal – 


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