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Die Anfänge des Mobilfunks waren vor allem eins – unverständlich, klobig und teuer. Was heute unscheinbar in die Hosentasche passt, damit man unterwegs immer erreichbar ist, brauchte zu Anfangszeiten viel Platz in Kofferräumen von Autos, große, starke Hände zum Halten und das nötige Geld für die teuren Einheiten pro Minute. Die mobile Erreichbarkeit war schon immer ein großer Wunsch der Menschheit. Das mobile Telefonieren war mit Sicherheit eines der größten Durchbrüche der Menschheit und der Beginn einer ganz neuen Art der Denkweise über die Erreichbarkeit. Doch was einst so glorreich startete wird bald schon bitter aussterben.

der_sim_karten_tod_kolumne_artikelbild Der SIM-Karten-Tod

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Podcast_Badge_Transparent Der SIM-Karten-Tod

Bis zum ersten Handy war es ein langer Weg. In den Zeiten zuvor war das Leben anders zu regeln. Ein abendlicher Ausgang mit Freunden wurde oft telefonisch abgeklärt. Man rief sich einfach gegenseitig zu Hause auf seiner Festnetznummer an. Wer hier noch nicht digital Unterwegs war, sondern noch ein gutes, altes, analoges Telefon mit Wählscheibe oder Tastenfeld besaß, der wird sicher auch noch darüber schmunzeln, wenn man in Verliebheitsphasen die Nummer eines anderen anrief, sich freute wenn er abnahm, zu Hause war und man vor Aufregung einfach auflegte. Wer anrief wusste man erst wenn beide sich am Telefon meldeten, denn analoge Telefone übermittelten natürlich keine Rufnummern – wie auch, ohne Display als Anzeige. Die nostalgischen Liebeszeiten waren irgendwie schön. Telefonieren konnte man dennoch irgendwie immer, denn man fragte einfach die Anschlussinhaber.

„Entschuldigung?! Kann ich mal kurz Ihr Telefon benutzen?“

So kompliziert das heute klingt, so einfach war es damals. Man war nicht immer erreichbar und vor allem nicht permanent, aber man konnte immer irgendwo telefonieren und es war okay so. Öffentliche Telefonzellen mit Münzeinwurf waren die Tagesordnung und im Urlaub vollzog man Telefonate über Guthabenkarten an Telefonzellen mit Kartenschlitz.

„Wir sind gut in Spanien angekommen. Allen geht es gut und das Wetter ist super.“

Und war man unterwegs, dann verabredete man sich für eine Zeit, gab dem anderen eine Festnetznummer und wurde angerufen. Heute betrachtet war diese Art der Kommunikation schlicht und vielleicht auch manchmal etwas kompliziert, wenn man jemanden dann doch nicht an die Strippe bekam. Nüchtern betrachtet, hat es uns aber sehr auf dem Boden gehalten und entschleunigt. Anders als heute, wo man keinen Push mehr verpassen will.

Die ersten Handys waren groß. Vor allem waren sie aber teuer. Nicht nur die Geräte selbst, sondern auch die Verbindungspreise für ein Telefonat. Wie auch heute noch, wurden Telefonate pro Minute abgerechnet und das konnte ganz schnell, ganz teuer werden. Eine D-Mark pro Minute waren da mehr oder weniger der Standard. Das mobile Telefonieren erfolgte über die ersten Mobilfunknetze. Dafür nötig war eine SIM-Karte, welche in das Handy eingelegt, durch einen vierstelligen PIN beim Einschalten des Gerätes entsperrt werden musste, sich danach in das Mobilfunknetz einwählte und den Handybesitzer damit jederzeit erreichbar machte. Die ersten SIM-Karten waren gefühlt so groß wie die Handys dazu. Die Mini-SIM kennt mit Sicherheit bestimmt fast jeder, auch wenn er heute meist nur den Formfaktor sieht, wenn er eine neue SIM-Karte für seinen heutigen Mobilfunkvertrag erhält und die Nano-SIM herausbricht.

SIM ist die Abkürzung für Subscriber Identity Module und wird auf Deutsch auch Teilnehmer-Identitätsmodul genannt. Die Chipkarte wird für die Nutzung in den zugehörigen Kartenschacht des Handys eingelegt. Mit ihr stellen Mobilfunkanbieter den Teilnehmern dann ihre Dienste im Sinne von mobilen Telefon- und Datenanschlüssen zur Verfügung. Die SIM-Karte besitzt einen Prozessor im Chip, der einmal für die Einwahl als auch für die Speicherung von Daten genutzt wird. Das SIM besitzt von Beginn an mehrere Programme und kann auch mit neuen Programmen versehen werden. So laufen darauf Anbieterdienste die eigenständig für die Verfügbarkeit von Anwendungen und Funktionen laufen. Dadurch kann das SIM ganz eigenständig seinen Standort anhand der Funkzelle festlegen und so bspw. auch die Home-Zone des Mobilfunktarifs kontrollieren. Ebenfalls ist allein durch eine Tastenkombination so das Abfragen und Aufladen von Prepaidguthaben möglich.

Die SIM-Karte startete zu Beginn im ID-1-Format, was eine Abmessung von 85,6 mm × 54 mm bedeutet. Ein großer Chip, schaut man sich Microprozessoren und Co. heute an. Aus diesem Grund wurde die physische SIM-Karte auch immer mehr geschrumpft. Das erste Mal in das ID-000-Format, was Abmessungen von 25 mm × 15 mm mit sich brachte und wodurch das Format auch Micro-SIM genannt wurde. Die nächste Verkleinerung wurde durch eine verkleinerte Version des ID-000-Formats mit einer Abmessung von 12,3 mm × 8,8 mm vorgenommen. Dieses Format ist nicht nur kleiner als der Vorgänger, sondern auch 12% dünner, wird Nano-SIM genannt und ist beim heutigen Stand der Technik der Hauptkartenfaktor der verwendet wird.

Die SIM-Karte hat nur eine Funktion. Sie muss durch einen physischen Chip die Verbindung zwischen Endgerät und Mobilfunknetz zustande bringen und aufrechterhalten – abhängig von der Netzverfügbarkeit. Betrachtet man sich die dünne und verkleinerte Bauweise von Smartphones, Tablets und anderen tragbaren Geräten, fällt einem schnell auf, dass die SIM-Karte dem gegenüber sehr groß wirkt. Nicht nur die SIM-Karte in ihrem Format verbraucht viel Platz, auch der SIM-Kartenschacht selbst reserviert in Anbetracht von Geräteendgrößen massig an physischem Platz. Platz der immer wertvoller erscheint, wenn man sich bspw. Themen wie das verbauen von mehr Akkukapazität betrachtet. Wird man diesen Platz also noch lange freiwillig reservieren wollen?

Die physische SIM-Karte ist ein gefühlt uraltes Konzept. Mit Sicherheit ist es eine einfache Variante, um schnell und einfach den Mobilfunktarif und die Nummer dahinter zu wechseln, doch in Zeiten der Miniaturisierung von Elektronik, ist der physische Platz der SIM-Karte im Gerät derzeit nur noch ein Kompromiss. Der Weg wurde schon eingeschlagen und der SIM-Karten-Tod ist nicht mehr weit entfernt. Wenn man sich die Apple Watch mit ihrer eSIM betrachtet, dann ist klar, dass dies der künftige und richtige Weg sein wird.

Die eSIM ist eine SIM-Karte in ihrem reinen Chip-Faktor, allerdings wesentlich kleiner, fest im Endgerät verbaut und physisch nicht wechselbar. Die Software, Programme und Dienste des jeweiligen Mobilfunkanbieters wird rein über Software gelöst. Durch das Abscannen eines QR-Codes wird der eSIM eine Kennung zugewiesen, die sie sich speichert und darüber die Freischaltung in das jeweilige Netz übernimmt. Die physische SIM-Karte wird damit in Softwareform einem fest im Gerät verbauten Chip übergeben – der eSIM.

Die eSIM hat den Vorteil, dass physisch kein großer Platz für Kartenslots reserviert werden muss. Auch können Geräte somit mit einer höheren Wassderdichtigkeit konzipiert werden – der SIM-Karten-Slot war und ist da bisher der größte Angriffspunkt für das Eindringen von Flüssigkeiten. Die embeddedSIM, Kurzform „eSIM“, ist eine standardisierte SIM-Kartenart und damit weltweit nutzbar. Neue iPhone-Modelle setzen derzeit auf die Nutzung beider SIM-Kartenwelten – einmal kann über ein SIM-Kartenslot eine physische SIM-Karte eingelegt und genutzt werden und daneben eine eSIM.

So kann der Nutzer bspw. mit einer SIM telefonieren und über diesen Weg erreichbar sein und mit der anderen SIM einen Datentarif nutzen. Das iPhone 4 brachte 2010 die Micro-SIM mit sich, das iPhone 5 2012 die Nano-SIM und 2020 könnte das Jahr werden, mit dem die neuen iPhone-Modelle nur noch auf eine bzw. zwei verbaute eSIM setzen, die physische SIM-Karten und den ganzen Markt dahinter nach und nach abschaffen und andere Hardwarehersteller in dieser Denkweise und Entscheidung mitziehen.

Es ist nicht schwer, zu komponieren. Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen.

∼Johannes Brahms ∼


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