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Apples Computersparte: Eine Sache, die sich unzählige Male drehte, änderte und oft viele offene Fragen hinterließ. Manchmal beantwortete die Sparte aber auch Fragen, die es zuvor noch gar nicht gab. Vielleicht hatte Steve Jobs also Recht, wenn er meinte, dass der Nutzer nicht wisse, was er wolle und man es ihm erst aufzeigen müsse. Aber auch nur vielleicht, denn die Mac-Sparte erlebt derzeit einen Zerfall. Einen Zerfall, der sich erst beim Betrachten unterschiedlicher Sichtweisen zeigt.

Der_Mac_Zerfall_Artikelbild_Kolumne Der Mac-Zerfall

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Podcast_Badge_Transparent Der Mac-Zerfall

Der Macintoshcomputer …

… war der erste Computer mit einer grafischen Benutzeroberfläche. Zuvor tippte man stur, aber auch blind, in eine Kommandozeile hinein und war gespannt, was der Rechner als Antwort zurückwarf. Grafiken, anklickbar mit einer Maus als Eingabegerät, formten das Verständnis, wie man Computer bedient gänzlich neu.

Apple war demnach der Vorreiter für einen kompletten Umschwung wie wir Computer verstehen, ansehen und benutzen – daran hat sich seit 1984 auch nicht sehr viel geändert. Das Grundprinzip ist gleich. Du siehst Schaltflächen und weißt, dass dahinter eine ausführbare Funktion liegt. Klick sie an und schon passiert etwas. So verstehen wir heute übrigens auch das iPhone und das iPad über deren Multitouchdisplay ganz intuitiv – heute sogar schon Kleinkinder. 

Der Mac ..

… machte seit 1984 einige Veränderungen mit. Er war noch nie ein grauer und häßlicher Klotz den man unter dem Schreibtisch versteckte, verließ in gewissen Punkten aber dennoch sein stationäres Aufgabengebiet und wurde zu einem tragbaren und Allzeit bereiten Begleiter.

Doch 2019 wirkt der Mac in vielen Punkten stümperhaft, unausgeglichen, wird missverstanden und das hat vielerlei Gründe. Wann war eigentlich dieser Tag, an dem der Mac anfing zu sterben? Das ist natürlich eine rhetorische Frage, denn der Mac ist ja nicht wirklich tot. Allerdings wirkt es oft so, als sei der Geist dahinter etwas am dahinvegetieren. Der Macintosh wollte schon immer bei zwei Klassen von Nutzern mitspielen – professionelle Nutzer und klassische Anwender. So stellte es sich Apple immer vor und verfolgte es auch über Jahre hinweg.

Es gibt jene Nutzer, …

… die mit der Standardausführung eines Computers auskommen, aber es gibt auch solche Nutzer, die einfach mehr wollen – und auch brauchen. Kreative Menschen, die ihre Ideen umsetzen möchten und dafür Rechenleistung benötigen. So konnte ein Mac schon immer in seiner Konfiguration angepasst werden, um jedem Endnutzer ein Gefühl der Wahl zu vermitteln. Du setzt dein Ziel selbst und steckst die benötigten Mittel dafür ab. Ohne gutes Werkzeug, keine gute Arbeit. Vielleicht trifft es das Wort “Muse” hier ganz gut, denn ohne diese ist auch keine kreative Arbeit umsetzbar. Es gibt nun mal gute und weniger gute Tage. Der Mac durchschreitet derzeit eher unschöne Tage und das spiegeln auch sinkende Verkaufszahlen wider. Quartal für Quartal. Betrachten wir uns einmal den neuen Mac mini, um in diese Thematik einen gewissen Einstieg erlangen zu können.

Der Mac mini wurde zum ersten Mal 2005 vorgestellt. Der kleine, flache Aluminiumklotz kam mit einer Ausstattung die Alltagsaufgaben erledigen ließ, solide war, aber auch den Geldbeutel nicht zu arg belastete. Der Mac mini war von Beginn an ein Apple-Computer der den Einstieg in die Macintoshwelt vollbringen sollte und es auch wunderbar tat. Als Windowsnutzer musste man nur seine Tastatur, seine Maus und seinen Bildschirm mitbringen und schon konnte man den Mac mini daran anschließen und durchstarten. Einfacher konnte man nicht die Platform wechseln – und viele taten es dadurch und blieben auch bis heute beim Mac. Wieso auch nicht, denn für einen humanen Preis konnte man sich in das Appleuniversum im Desktopbereich einkaufen und endlich mitspielen. 

Der Mac mini arbeitete zu Beginn noch als PowerPC und erlebte seine Intel-Umstellung im Jahre 2006. Somit war an sich nur die erste Generation des Mac mini ein PowerPC und kann hier vielleicht sogar einfach in der Timeline vernachlässigt werden. Schon immer konnte man in einem Preissegment zwischen 450€ und 600€ mit dem Mac mini einsteigen. Die Basiskonfiguration erlaubte dem Einsteiger mit diesem Preis seine gewohnten Desktopaufgaben abzuwickeln. Jeder kleine Student und jede Vorzimmerdame eines Büros konnte so auf Apples Desktopplattform gebracht werden. 

Heute sieht dieser Umstieg anders aus. Natürlich ist der neu Mac mini auf relativ aktuellem Stand der Technik, aber nur, wenn man den Preis dafür zahlt. Für 899€ kann man mit einem Mac mini heute einsteigen. Ist der Preis noch gerechtfertigt? Da kann man drüber streiten, aber gut! Dass ein Computer für diesen Preis mit einer 128GB SSD daherkommt? Auch, dass dieser interne Speicher, bis auf den RAM, in keinem Fall aufrüstbar/erweiterbar ist? Auch, dass, wenn man mehr Speicherplatz dazukonfiguriert, man Unsummen an Geld zahlen soll? Ein Mac mini, mit 16GB an RAM, 512GB an Speicherplatz kostet heute 1619€ – nichts für Einsteiger und nichts für Umsteiger. Der Einsteigs-Mac ist damit tot. Denn niemand kauft sich heute – real betrachtet – einfach mal so mit einer technisch für die nächsten Jahre nutzbaren Computerkonfiguration für 1619€ in eine Softwareplattform ein. 

Doch schauen wir uns auch den Pro-Sektor einmal an. Dieses “Pro” soll “Professionalität” ausstrahlen. Das tut es in gewissen Aspekten auch. Allerdings ist jeder Pro-Anwender ein Individuum für sich. Der eine braucht Prozessoren mit so vielen Kernen wie möglich und höchstem Takt, der andere benötigt immer die beste Grafikkarte und wieder ein anderer setzt darauf, dass der SSD-Speicher schnellstmöglich Daten von A nach B schreiben kann und zugleich viel an Speichervolumen aufweist. Und wieder ein anderer Anwender braucht einfach Anschlussmöglichkeiten für Peripherie – möglichst schnelle. Für alle hat Apple etwas parat – aber nicht bezahlbar, nicht auf aktuellem Stand der Technik und nicht ohne Realitätsverzerrung.

Bis heute verkauft man zum Beispiel den Mac Pro mit seiner 2013er-Technik zum gleichen Preis, wie bei seiner Einführung. Ein Gerät das einmal unflexibel für Pro-Anwender ist, thermisch eine Desaster darstellt – weil sich bei längerer Belastung zum Beispiel der Grafikchip und andere Chips vom Mainboard herunterlösen – und, weil das ganze Gerät auch preistechnisch in einem Paralleluniversum lebt. Klar, der Pro-Anwender mag mit diesem Werkzeug auch sein Geld verdienen und dementsprechend muss auch der Einsatz vielleicht sein, doch Apple ist hier mittlerweile selbst bei den Einstiegsgeräten an einem Punkt angekommen, wo sowohl Pro- als auch normale Endnutzer nur noch die Augen verdrehen können. Legte man 2013 für ein 15″ MacBook Pro noch 3500€ für die höchste Konfiguration hin, so sind es 2019 für die gleiche Ausstattung nun 5019€ – mit welcher Rechtfertigung?

Was vollbringt der Mac, nur rein als Hardware betrachtet, für 1500€ mehr als zuvor? Klar er ist schneller, dünner usw. aber ist dies wirklich das Argument? Der Mac zerfällt als Platform. Nicht im Softwaresinn, sondern im Hardwaresinn. Er wirkt nicht mehr attraktiv, da der Preis als Einsatz einfach zu hoch ist. Man pokert gern, aber nur bis zu einer bestimmten Höhe des Einsatzes. Mit ein Grund, wieso sich der Mac allgemein nicht mehr gut verkauft und Kunden zweimal nachdenken. Oder sie entscheiden sich und ärgern sich, dass sie mit 128GB an Speicherplatz tagtäglich kämpfen, externe Speichermedien zukaufen und am Ende eigentlich dann doch keinen Schritt weiter sind. Ist das der Sinn? Kunden das Geld abzuknöpfen, damit sie sich ärgern und erst nach diesen Entscheidungen nie wieder kommen? Ich möchte nichts schlechtreden, aber es wird Zeit, dass Apple wieder etwas klarer entscheidet und die Mac-Sparte vor allem wieder regelmäßig aktualisiert.

Jeder Mac, egal ob er zusammengeklappt werden kann oder als Kasten oder Tonne auf dem Schreibtisch stehen darf, sollte jährlich den neuesten Prozessor, die neuesten RAM-Riegel, schnellsten SSD-Speicher und Co. erhalten. Es ist Apple. Und wer sollte das nicht können, wenn nicht Apple? Man will hoffen, dass der neue Mac Pro den Pro-Nutzern tatsächlich das versprochene, modulare Erlebnis bietet, welches diese sich erhoffen und benötigen. Zudem sie es vor dem 2013er-Modell ja eigentlich auch schon besaßen. Man will hoffen, dass ein MacBook irgendwann wieder eine benutzbare Tastatur und kein verbautes Frühstücksbrettchen besitzt. Man will hoffen, dass das 12″ MacBook neben dem MacBook Air irgendwann mal einen Sinn ergibt. Und man will auch hoffen, dass Apple den Mac, rein als Hardware, einfach selbst viel mehr ernst nimmt – und nicht nur in Sachen Gewinnmaximierung.

Mit Sicherheit kann man Preise aus früheren Zeiten nicht immer unbedingt mit denen von heute vergleichen. Allein schon aus Gründen der Inflation. Doch wo ist bei Apple die Realität im Mac-Segment geblieben? Will man den Kunden mit überteuerter Hardware über den Tisch ziehen, damit man höchstmögliche Margen einsteckt? Oder will man den Kunden mit überzogenen Preisen freiwillig zum erneuten Wechseln bewegen? Sollte die Antwort also sein, dass frühere Kunden von Windows zum Mac wechselten und mittlerweile wieder an dem Punkt sind, dass sie die Softwarevorteile zu Boden werfen, sich umschauen, zu Windows zurück wechseln, sich dort neue Softwaregebiete betrachten, ihren Workflow so umbauen und auch auf dieser Plattform dann verbleiben?

Ist es das, was Steve Jobs meinte, als er sagte, dass der Nutzer erst wisse, was er wolle, wenn man es ihm zeigen würde? Zeigt Apple also derzeit mit seiner margenorientierten Art, dass man lieber die Finger vom Mac lassen soll? Ich weiß es selbst nicht. Aber als langer Mac-Nutzer sehe ich in vielen Punkten keine Argumente für einen Mac-Kauf – zumindest überwiegt die Hardware und auch die preistechnische Ausgabe nicht den Softwarevorteil, den man unter macOS in der tagtäglichen Praxis nun mal wirklich hat.

Das Kalte wird warm, der Reiche wird arm, der Narre gescheit: Alles zu seiner Zeit.

∼ Johann Wolfgang von Goethe ∼


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