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Messenger gab es schon immer und in den kuriosesten Arten. In den letzten 20 Jahren hat sich die digitale Kommunikation allerdings in viele Epochen aufgespaltet, stetig weiterentwickelt und wurde zeitgleich schlagartig geändert oder sogar beendet. Noch vor 15 Jahren waren ICQ und der MSN-Messenger das Non-Plus-Ultra für das tägliche Chatten mit Freunden und Familienmitgliedern. Skype rückte sich in dieser Zeit langsam in die Reihen ein und machte Videochats populär – auch ICQ und der MSN-Messenger schoben diese Funktion schnell nach. Der stationäre Computer oder das Notebook waren zu dieser Zeit der einzige gute Zugang zu diesen Kommunikationsmedien. Und wer nichts von dem zu Hause hatte, der besuchte zu dieser Zeit Internet-Cafés, loggte sich in Chaträume ein und zahlte die Internetnutzung pro Stunde. Junge Leute kennen diese Zeit nicht mehr wirklich und selbst diejenigen die dabei waren wollen davon nichts mehr hören. Und wenn man heute von einem Messenger oder Chatraum spricht, denkt jeder direkt an das WhatsApp-Monopol.
Messenger boten schon immer die Möglichkeit sich mit Freunden, Bekannten und Familienmitgliedern an einem zentralen Ort treffen zu können. Die SMS war der einzige Weg, um auch unterwegs mit den genannten Personen digital in Kontakt zu bleiben – eine SMS kostete zur damaligen Zeit übrigens noch gut und gerne 39 Pfennig – viel Geld zur Zeit der D-Mark. Durch die Anbindung an GPRS-Datendiensten und WAP-Gateways erhielt sie von der MMS Unterstützung. Bilder und kleine Mediendateien konnten erstmals mobil versendet und empfangen werden. Und das für viel Geld, denn eine MMS wurde in Datenpaketen abgerechnet und konnte somit schnell mal 1,40€ kosten. Der Startschuss des iPhone und anderen Smartphones in 2007 rückte die SMS mehr in den Vordergrund. Heute liegen SMS und MMS allerdings tot im Graben, jeder läuft daran vorbei und niemand trauert ihnen mehr nach – vielleicht wenige noch.
iOS schwenkte 2011 in seiner 5. Auflage um und brachte iMessage zum Vorschein. Ein Messagingdienst, der iOS-Geräte miteinander verknüpft und somit zwischen iPhone, iPad und iPod touch Nachrichten verschicken lässt. OS X 10.8 schob die iMessage-Funktion für den Mac nach und band ihn in das Konstrukt ein. Jegliche Kommunikation über diesen Dienst ist seit Beginn an mit einem 128-Bit starken AES-Schlüssel verschlüsselt – somit setzt Apple seit dem Start auf eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. iMessage-Nachrichten bauen auf dem XMPP-Protokoll „PubSub“ auf, was Apples Push-Benachrichtigungssystem entspricht. Mit iMessage wurde auch die Videochatfunktion FaceTime ins Leben gerufen, über die iOS-Nutzer in einem WLAN-Netzwerk mit ihren Angehörigen und Freunden per Videochat plaudern konnten. Seit iOS 6 ist dieses Feature auch im mobilen Netz nutzbar. Mit iOS 7 wurde FaceTime-Audio als hochwertige Sprachtelefoniefunktion nachgereicht. In insgesamt 3 Jahren hat Apple iOS und OS X dadurch auf einen Nenner in Sachen Kommunikation gebracht – eine Zeit in der sich jeder Nutzer an diese geräteübergreifenden Funktionen mehr wie gewöhnt hat. iMessage ist das was man haben möchte und dennoch ist es apple-only und nicht für andere Plattformen offen.
„Hast du WhatsApp?“
– ist die erste Frage, wenn man neuen Bekannten seine Nummer überreicht. WhatsApp erreichte 2009 die Plattformen iOS und Android. Gerade zwecks der plattformübergreifenden Nutzung wuchs WhatsApp schnell heran und schmückt sich dadurch mit enorm hoher Popularität. Heute hat jeder diesen Messenger und schwimmt in der riesigen Flut von über 900 Millionen Nutzer mit – und bis Ende 2015 sollte die Marke von 1 Milliarden Nutzer geknackt sein. WhatsApp lernte ich damals auf meinem iPhone 3Gs kennen – eine Zeit in welcher der Messenger noch cool in Ordnung war, denn man kannte schlicht nichts anderes. Das Gefühl alle Leute in einem Boot zu haben, schaffte einem ein ruhiges Gewissen der Erreichbarkeit. Es fühlte sich ein wenig wie die alte Zeit an – nur eben mobil. Heute finde ich diesen Dienst allerdings nur noch nervig, häßlich und zeitgleich sehr bedenklich.
iMessage ist seit seinem Start mein Hauptwerkzeug für Messaging, denn der Großteil meiner Leute sind Nutzer von iOS und OS X. Nur für die Android-Leute vegetierte WhatsApp auf meinem iPhone weiterhin vor sich hin. Seit Jahren hört man fast wöchentlich was von WhatsApp in den Medien. So plapperte auch Edward Snowden aus, dass WhatsApp einer der mobilen Zapfhähne der NSA sei. Der Aufkauf durch Facebook machte das Image in meinen Augen nicht wirklich besser, weiß man doch punktgenau mit was Facebook sein Geld verdient – ein Grund wieso der blaue Riese auch seinen hauseigenen Facebook-Messenger stetig ausbaut. Aber was will man machen, wenn man mit den paar Android-Leuten weiterhin in Kontakt bleiben will…
Für mich ist WhatsApp definitiv tot – genau wie ICQ, der MSN-Messenger, die SMS und die MMS aus alten Tagen. Klar hat jeder WhatsApp – ein Dienst der im Ernstfall einen Euro pro Jahr kostet, auf jedem 3€-Android-Smartphone läuft und für den man, abgesehen vom uneingeschränkten Versenden von Nachrichten, Bildern und Videos, keinerlei Service erwarten darf. Für eine Anpassung an das 4-Zoll-iPhone-Display brauchte WhatsApp viele Monate – ich erinnere mich da noch an die schwarzen Balken. Für die Anpassung an die Displaygrößen des iPhone 6 und iPhone 6 Plus brauchte man 8 Wochen. Eine Zeit in welcher der Dienst durch seinen wichtigsten Aspekt – seiner Nutzerzahl – mit viel Frust weitergenutzt wurde. QuickReply steht, nachdem diese iOS-8-Funktion schon ihr Einjähriges feiert, erst jetzt auf der Featureliste der WhatsApp-Entwickler und ist teilweise schon implementiert worden. Das Nachreichen von 3D-Touch-Funktionen erschien hingegen unerwartet schnell. Und eine Apple-Watch-App soll ebenfalls bald als Feature nachgereicht werden. WhatsApp-Web ist eine Sache die ich mir ernsthaft angeschaut habe und die in meinen Augen nicht halbherziger hätte umgesetzt werden können – zumal der Computer dadurch noch angreifbar wird. Es bleibt abzuwarten wie zuverlässig dieser ganze „Service“ dahinstolpert und an gewissen Featurelisten dranbleibt.
Versteht mich nicht falsch, aber ein weltweit so großer und bekannter Messenger wie WhatsApp, welcher über 900 Millionen Nutzer zählt, für 19 Milliarden Dollar aufgekauft wurde und heute dem großen Konzern Facebook gehört sollte mehr Know-How und Kundenfreundlichkeit aufweisen können. Und wenn allein nur 500 Millionen Nutzer bisher den einen Euro pro Jahr einwerfen mussten, so ist das ein Argument dafür, dass mit diesem Betrag auch etwas angefangen werden sollte. Etwas das der Kunde bemerkt und schätzt. WhatsApp wird in meinen Augen als zu gut betrachtet – mehr ist es aber mittlerweile schon ein gesellschaftlicher Zwang diese Plattform zu nutzen.
„Was? Du hast kein WhastApp?“
Mittlerweile wird die App sogar als eine News-App zweckentfremdet, wodurch in News-Gruppen Neuigkeiten aus den Medien oder von abonnierten Seiten geknallt werden. Ich habe hier schon WhatsApp-Nutzer erlebt… ich kann euch sagen. Und auch kann ich sagen, dass viele iPhone-Nutzer leider nichts von iMessage wissen und sich daher diesen gruseligen, grünen Messenger um die Ohren hauen. So ist die Frage „Hey, hast du auch WhatsApp?“ von einem iPhone-Nutzer immer wieder ein Genuss.
„Was ist denn iMessage? Hab ich das auch?“
Hier müsste Apple ganz klar mehr reden und erklären, denn nicht jeder Nutzer ist so affine diesen Dienst in den Einstellungen aktivieren zu können. WhatsApp zu installieren, seine Mobilfunknummer einzutippen und den Log-In mit einer Nummer aus einer empfangenen Zertifizierungs-SMS zu bestätigen, bekommt aber komischerweise jeder irgendwie geregelt. Vielleicht sehe ich zu genau hin, aber das sollten alle Nutzer dieses Dienstes vielleicht auch noch einmal versuchen. Ich schwimme nicht mehr blind in dieser Masse an Nutzern mit, welche nur in diesem Messenger lebt und den gesamten Alltag an diese App bindet. Eine Masse die sich über den letzten Onlinestatus des EX-Freundes informiert, aufregt und einen Anfall bekommt, weil der Gesprächspartner nach der Anzeige zweier blauer Haken nicht direkt seine Antwort eintippt. Die Nutzer die dank WhatsApp auch im Urlaub vom Chef angeschrieben werden, sich darüber aufregen und dennoch brav antworten – denn:
„Hey, du hast ja WhatsApp!“
„Aber alle meine Freunde sind bei WhatsApp.“ ist für mich ein Argument das nicht zieht, denn nur weil alle zum Urlaub in die Türkei fliegen, muss ich das nicht auch tun und dort präsent sein – es gibt gute Alternativen. Man wünscht sich in solchen Momenten gerne, dass Apple seinen Messagingdienst auch als verfügbare Android- und Windows-App freigibt und die Vorzüge von iMessage aufzeigt – denn nicht umsonst jammern NSA, CIA und weitere Geheimdienste zwecks der iMessage-Verschlüsselung so rum. Und weiß man mittlerweile als Nutzer denn nicht offiziell, dass alle Daten die man in WhatsApp reinschüttet unverschlüsselt rumliegen, ausgewertet und als Datenpakete verkauft werden? Oder zahlt man als Konzern wie Facebook, welcher mit dem Sammeln von Daten sein Geld verdient, aus anderen Gründen 19 Milliarden Euro für einen Messenger und seine daran geknüpfte Nutzerschaft? Mittlerweile ist WhatsApp mit einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ausgestattet – doch beruhigt einen das wenn man doch weiß, dass Facebook unter Beobachtung aller Geheimdienste steht und die Hände zitternd auf den passenden Knöpfen liegen hat?
Vielleicht bin ich mit meinen heutigen 28 Jahren zu alt und zu wach für diese WhatsApp-Sache. Vielleicht auch weil mir RSS und Twitter etwas sagen, ich diese ganze gewählt einsetze und somit keinen mit News-Pushnachrichten um sich schmeißenden Messenger im Alltag dulden mag. An meinem Umfeld bemerke ich immer mehr die Abhängigkeit und den gesellschaftlichen Zwang an diesem einen Dienst, der ein alteingesessenes Benutzermuster jeden verdammten Tag wiederholt. Ein Muster, das einen immer wieder aufs neue ärgert und in den Frust stürzt. WhatsApp hatte bei mir seine Zeit – und in dieser empfand ich es allgemein immer als den Wagen, an dem die Reifen nicht richtig festgezogen wurden und der dadurch nicht ins Rollen kommen will. Aber was will man machen wenn man los muss? Die Reifen anziehen! Oder besser noch – gleich den ganzen Wagen wechseln!
Ich lebe schon lange nicht mehr nur mit dem Smartphone, denn iMessage lässt mich an jedem Gerät mit einer Nachricht umgehen und darauf reagieren. Ein Grund wieso ich mittlerweile nebenbei mit Telegram unterwegs bin, um weiterhin mit meinen wenigen Android-Leuten – ja die gibt es nun mal – in Kontakt bleiben zu können – auf dem iPhone, der Apple Watch, dem iPad und dem Mac wohlgemerkt. Der Wechsel kam von heute auf morgen, doch die Frage „Wieso nutzt man WhatsApp überhaupt noch?“ stellte sich mir schon lange – viel zu lange. Es ist somit kein Zufall, dass die, aus der fixierten Masse gestellte, Frage „Hast du WhatsApp?“ seit einiger Zeit schon von mir mit „Hast du iMessage oder Telegram?“ beantwortet wird.
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